Luxsin X9: Die HighlightsDas Herz eines jeden DAC ist der namensgebende „Digital to Analogue Converter“, kurz DAC. Der kann auf viele unterschiedliche Arten technisch realisiert werden. Luxsin hat sich hier für den Einsatz eines AKM AK4499EX-Chips entschieden, der unter anderem auch im
DMP-A8 steckt. Vor dem DAC – und klanglich mindestens ebenso relevant – steht das Netzteil. Das ist, wie von dem Hersteller gewohnt, sehr aufwendig gemacht und in Abgriffe für Analog- und Digitalsektion getrennt, wobei sich ein linearer Ringkerntrafo um die analogen Signale kümmert, während die digitalen Sektionen von einem dafür besser geeigneten Schaltnetzteil gespeist werden.
Die Kopfhörer-Ausgangsstufe ist eine komplette Neuentwicklung, auch wenn sie sich einiger Techniken bedient, die auch in den DMPs eingesetzt werden. Dazu gehört der vollständig symmetrische Schaltungsaufbau mit R2R-Lautstärkeregelung. Die Ausgangsleistung liegt bei 4.000 mW (oder schlicht 4 Watt) an 32 Ohm. Das reicht auch für anspruchsvollere Kopfhörer. Zum Vergleich: Ältere iPhones mit analogen Kopfhörerausgang konnten maximal 30 mW (iPhone X und iPhone 11) liefern.
Für die analogen Vorstufenausgänge verlässt sich Luxsin ebenfalls auf die mit eversolo erfolgreich eingesetzte Schaltung mit einer aufwendigen Lautstärkeregelung aus einem Array hochpräziser Widerstände. Diese Konstruktionsweise bietet gegenüber herkömmlichen Schleifbahnpotis mehrere Vorteile, darunter weniger Kanalabweichung (vor allem im unteren Lautstärkebereich) und weniger Verschleiß. Die Regelung kann wahlweise in 0,5-, 1-, 2- oder 3-dB-Schritten erfolgen und wird durch hörbares Relais-Klicken begleitet.
Anders als viele herkömmliche DAC/KHVs verfügt der X9 nicht nur über umschaltbare Digitalfilter, sondern bietet auch umfangreiche Anpassungsmöglichkeiten per DSP und eine Crossfeed-Schaltung. Zu den Einstellungsmöglichkeiten gehören die Stereo-Weite, der Musikstil, Bass/Mitten/Höhen-Anpassung und sogar eine Subwoofer-Weiche für Betrieb mit Lautsprechern. Auch so eine Besonderheit, die in gewöhnlichen Desktop-DACs nur sehr selten zu finden ist.
Doch es wird noch besser. Der X9 ermöglicht Klanganpassungen durch modellspezifische DSP-Kurven für (derzeit) etwa 2.500 Kopfhörer. Die Funktion arbeitet ähnlich wie das OPRA Kopfhörer-EQ-Feature in Roon. Über ein Menü kann per Namenseingabe nach dem eigenen Kopfhörermodell gesucht werden. Ist es gelistet, stehen ein oder mehrere unterschiedliche EQ-Kurven zur Auswahl, die ganz speziell für dieses Modell angelegt wurden. (Siehe auch die App-Screenshots auf der Seite zuvor.)
Diese Kurven müssen nicht in jedem Fall und für jeden Geschmack eine Verbesserung darstellen, aber zumindest im Fall des Dan Clark E3 ist es aus meiner Sicht definitiv ein Gewinn.
Die Liste der Besonderheiten ist damit aber immer noch nicht am Ende. Das wohl genialste Feature des X9 ist seine vollautomatische Impedanzanpassung. Dazu muss ich ein wenig ausholen. Jeder Schallwandler (also auch jeder Kopfhörer) stellt am Verstärker einen elektrischen Widerstand dar. Dieser Widerstand verändert sich mit der Frequenz des Signals. Bei Lautsprechern viel heftiger, als bei Kopfhörern, aber dennoch schwankt auch hier der Widerstandswert etwas. Dafür haben Kopfhörer eine viel größere Spanne, wenn es um die „nominale“ (also durchschnittliche) Impedanz geht. Während die meisten Lautsprecher im Mittel zwischen etwa 4 und 8 Ohm Impedanz liegen, bewegen sich Kopfhörer meistens im Bereich zwischen etwa 16 und 600 Ohm. Mehr Widerstand bedeutet, dass der Verstärker mehr leisten muss.
Dazu kommt noch die sogenannte Empfindlichkeit der Kopfhörer. Die beziffert den Wirkungsgrad der Schallwandler und wird normalerweise in dB pro mW bei einer bestimmten Frequenz (meist 1 kHz) angegeben. Eine geringere Empfindlichkeit bedeutet, der Kopfhörer spielt bei gleicher Leistung leiser als solche mit höherer Empfindlichkeit.
Aus praktischer Sicht ist das – vereinfacht ausgedrückt – vor allem deswegen von großer Bedeutung, weil die Empfindlichkeit einen direkten Einfluss darauf hat, wie weit man den Lautstärkeregler aufdrehen kann. Im Extremfall spielt ein sehr unempfindlicher Kopfhörer selbst bei Rechtsanschlag des Lautstärkereglers nicht laut genug. Oder umgekehrt, ein sehr empfindlicher Kopfhörer ist schon bei 10-Uhr-Stellung des Reglers sehr laut, womit der restliche Regelbereich nicht genutzt werden kann. Oder man kann ihn nicht leise genug regeln.
Damit ein Kopfhörerverstärker mit möglichst jedem Kopfhörer genutzt werden kann, muss er also a) genug Leistung bereitstellen können und b) möglichst eine Anpassung an unterschiedlich empfindliche Kopfhörer bieten, was über den sogenannten GAIN-Faktor (eine Vor-Vorverstärkung) eingestellt werden könnte. Manche KHVs bieten diese Möglichkeit über mechanische Schalter. Der Luxsin hingegen kann sich vollautomatisch auf den angeschlossenen Kopfhörer einstellen. Und das geht so:
Sobald ein Kopfhörer an den (eingeschalteten) X9 angeschlossen wird, läuft ein kurzer, etwa eine Sekunde dauernder Messvorgang ab, der im Display angezeigt wird:
Daraufhin wählt der X9 eine von drei Impedanz-Voreinstellungen und passt den GAIN dafür an, nämlich für 16, 32 oder 300 Ohm. Das sind Basiswerte, die quasi die wichtigsten Gebiete abdecken. Vergleichbar ist das in etwa mit der ISO-Einstellung bei Kameras. Nicht ganz so fein, aber für die meisten Kopfhörer ausreichend.
Praxisbeispiel: Im Falle des oben erwähnten Kopfhörers E3 von Dan Clark Audio, der eine Impedanz von 27 Ohm hat, wählt der X9 nach der Messung die Einstellung „32 Ohm“. Beim DCA Noir XO, der um die 14 Ohm hat, wählt der X9 die Einstellung „16 Ohm“, gibt ihm also etwas weniger GAIN. Perfekt ist das System allerdings nicht. Die Empfindlichkeit kann der X9 nämlich nicht ermitteln. So ist der DCA E3 beispielsweise recht niederohmig, aber mit ~90 dB/mW auch ziemlich „unempfindlich“ (sprich: leise), braucht mehr Saft für höhere Pegel. Die Einstellung 300 Ohm ist für ihn unter Umständen die bessere, wenn Sie noch etwas mehr Pegelreserven benötigen. Mir reicht die gemessene Einstellung aber aus, auch wenn der Pegelregler damit manchmal schon in die Nähe des virtuellen Rechtsanschlags (-0 dB) kommt. Insgesamt bewirkt die Erhöhung des GAIN pro Stufe überschaubare Unterschiede von geschätzt ± 6 dB. Das ist weit besser als nichts!
Übrigens: Der gleichzeitige Betrieb mehrerer Kopfhörer ist möglich. Allerdings kann der X9 den GAIN immer nur für einen Kopfhörer zur Zeit einstellen und nicht pro Ausgang, sodass es zu deutlichen Lautstärkeunterschieden zwischen den Hörern kommen kann.
