Proton vs. App Store: Schweizer Entwickler steigt in Sammelklage gegen Apple ein


Die Schweiz hat sich über Jahrzehnte den Ruf als Hort der Privatsphäre aufgebaut: Wem ein Nummernkonto einer Schweizer Bank gehört, lässt sich nicht einfach nachvollziehen. IT-Unternehmen nutzen diesen Ruf zu ihren Gunsten – so geht der Messaging-Anbieter Threema mit ihrer schweizerischen Herkunft hausieren. Auch Proton betont gern den alpinen Standort, wenn es das Paket Ende-zu-Ende-verschlüsselter Cloud-Dienste anpreist: E-Mail, Kalender, Dokumentenspeicher, Passwortmanager, Bitcoin-Wallet und VPN. Die kostenlose Basisversion mit 16 GByte Speicher lässt sich über ein Abonnement erweitern. Von den Regeln im iOS App Store sieht sich der Anbieter benachteiligt, ebenso wie viele Mitbewerber. Deswegen beteiligt sich Proton nun an einer Sammelklage -mit dem
Ziel, das iOS App-Store-Monopol zu Fall zu bringen, um mehr Wettbewerb und Datensicherheit auf der Plattform zu ermöglichen.
Das Argument, welches das Unternehmen als Grund hervorhebt: Apples Kommission von 30 Prozent auf alle digitalen Güter im App Store benachteilige vorwiegend Unternehmen, die auf Datenschutz achten. Denn App-Anbieter, welche ihre Dienste kostenlos offerieren und dafür Nutzerdaten erfassen, um sie meistbietend an Werbevermarkter zu verkaufen, sind von der „Apple Tax“ nicht betroffen. Wer jedoch die Privatsphäre von Anwendern respektieren wolle und für Dienste daher Geld verlange, müsse Apples Bezahlsystem nutzen und 30 Prozent aller Umsätze abgeben. Das mache wirkungsvollen unabhängigen Datenschutz umso teurer für Nutzer. Gleichzeitig betont Apple in Werbekampagnen stets, wie sehr die hauseigenen Software-Angebote auf Privatsphäre achten. Dies benachteilige Wettbewerber doppelt, welche ähnliche Produkte anbieten. Außerdem ließe sich „Proton Calendar“ nicht als Standard-App für Termine auf dem iPhone festlegen – ein weiterer Punkt, bei dem Apple eigene Apps bevorzuge.
Proton sieht sich als Zensur-OpferMit einem Ereignis aus dem Jahr 2020 will Proton aufzeigen, dass Apple staatliche Zensur fördere – auf Kosten von App-Entwicklern. So wurde ein Update der VPN-App des Entwicklers eine Aktualisierung verwehrt, weil „umgeht die Sperrung zensierter Websites“ in der Produktbeschreibung stand. Selbst eine Sicherheitsaktualisierung der App konnte erst erfolgen, nachdem Proton den Satz entfernte. Zudem verschwinden auf Wunsch der russischen und chinesischen Regierung viele Nachrichten- und VPN-Apps aus den jeweiligen nationalen App Stores. Aufgrund des App-Store-Monopols haben Anwender in diesen Ländern keine Möglichkeit, Software aus anderen Quellen auf ihre iPhones oder iPads zu installieren.
Die Zeit drängtDas Unternehmen treibt die Sorge um, dass die aktuell in Kalifornien ansässige Sammelklage schlussendlich auf einen Vergleich hinauslaufe, bei dem betroffene App-Entwickler mit einem finanziellen Betrag für theoretische Umsatzverluste entschädigt werden. Proton will stattdessen Apple zu einer Öffnung der iOS-Plattform zwingen. Falls es zusätzlich zu einer finanziellen Entschädigung kommen wird, will das Unternehmen das Geld wohltätigen Zwecken zukommen lassen.