„Calm Design“: Unaufdringliche Gestaltung für elektronische Geräte


Über Jahrzehnte kamen Herde ohne Displays, Touch-Buttons und Piepgeräusche zurecht. Frontale Drehregler waren das einzige Bedienelement; die gewünschte Stufe war wortwörtlich im Handumdrehen erreicht. Viele aktuell erhältliche Kochfelder ersetzen die zylinderförmigen Elemente mit einem Touch-Panel. Was bei Inaktivität elegant aussieht, erfordert beim Einschalten mehrfaches Tippen, untermalt von lautem Piepen. Eine Entwicklung, die analog in vielen Bereichen der Produktgestaltung zu beobachten ist – und sich als anstrengend für diejenigen herausstellt, welche die Geräte benutzen wollen. Das
Calm Tech Institute möchte diesem Trend entgegenwirken. Dabei setzt das Unternehmen auf Vorträge und Seminare; zudem berät es bei der Gestaltung von Bedienelementen und zertifiziert Produkte.
Der Trend zu Touchscreens als Steuerungselement hat für Hersteller einige Vorteile: Der veränderliche Bildschirminhalt macht ihn zu einem universellen Eingabegerät, das sich über Software verändern lässt. Da keine mechanischen Schalter, Wippen oder Regler verbaut sind, gibt es auch weniger Verschleiß. Auf den ersten Blick wirken Produkte mit Touchscreen moderner. Auf Dauer führen allgegenwärtige berührungsempfindliche Displays jedoch zu Stress bei Nutzern, argumentiert das Calm Tech Institute. Grelle Lichter, schrille Pieplaute und animierte Menüs erfordern viel Aufmerksamkeit; die glatte Oberfläche liefert keine taktile Rückmeldung.
Gestützt auf neuropsychologische ForschungIn Vorträgen und
Blog-Beiträgen erklärt Gründerin Amber Case die Grundsätze des Calm Design, die von Produktdesigner beachtet werden sollten. Dabei stützt sie sich auf Forschungsergebnisse zur menschlichen Wahrnehmung. Um vom Menschen entspannt bedient werden zu können, sollten Geräte acht Grundsätze befolgen:
- Technologie sollte so wenig Aufmerksamkeit wie möglich einfordern.
- Technologie soll informieren und Ruhe schaffen.
- Technologie sollte die Umgebung einbinden.
- Technologie sollte sowohl Vorzüge der Technologie als auch Vorzüge der Menschlichkeit verstärken.
- Technologie kann kommunizieren, muss aber nicht sprechen.
- Technologie sollte auch dann funktionieren, wenn sie versagt.
- Das richtige Maß an Technologie ist das Minimum, das zur Lösung eines Problems erforderlich ist.
- Technologie sollte soziale Normen respektieren.
Zertifizierte ProdukteBei einigen elektronischen Geräten stand das Calm Tech Institute bereits beratend zur Seite; zudem zertifizierte es sechs Produkte mit dem hauseigenen Logo „Calm Tech Certified“. Das bekannteste darunter ist das E-Ink-Tablet
ReMarkable Paper Pro. Das Calm Institute hebt die papierähnliche Oberfläche hervor, sie gibt beim Schreiben und Zeichnen taktiles Feedback. Außerdem verzichte das Tablet auf blaue Hintergrundbeleuchtung und setzte stattdessen auf warmes, langwelliges Licht. Auch der „
Time Timer“ erfüllt die Anforderungen des Instituts: Die farbige Scheibe der Eieruhr symbolisiere eingängig, wie viel Zeit verbleibt.