EU legt "Chatkontrolle" zu den Akten – man setzt auf andere Maßnahmen im Kampf gegen illegale Inhalte


Eine umstrittene Maßnahme, die der Bekämpfung sexuellen Missbrauchs von Kindern dienen sollte, hatte Apple nach heftigen Protesten von Datenschützern und Sicherheitsexperten vor drei Jahren endgültig zurückgezogen. Das Unternehmen sah vor, von Nutzern angefertigte Fotos vor dem Hochladen nach iCloud mit den Hashes bekannter illegaler Bilder abzugleichen und die Funde einer Kinderschutzorganisation zu melden. Dies wäre lokal auf dem Device geschehen – was zwar zunächst nach einer Privatsphäre-wahrenden Abläufen klingt, im Umkehrschluss allerdings bedeutet, Nutzerinhalte zu analysieren, bevor diese überhaupt das Gerät verlassen.
Apple wollte mehr, als Gesetzgeber überhaupt diskutiertenApples Vorstoß ging weit über das hinaus, was von Gesetzgebern geplant war oder diskutiert wurde. In der EU sprach man zu jenem Zeitpunkt lediglich über serverseitiges Scannen großer Plattformen – also bei bereits hochgeladenen Inhalten. Erst später begann die EU-Kommission mit einem Entwurf, welcher vorsah, per Messenger verschickte Nachrichten automatisiert scannen zu müssen, selbst wenn es sich um verschlüsselte Kommunikation handelt. Apple stellte sich gegen die Überlegungen, genau wie auch die Betreiber anderer Messenger. Zur Sprache gebrachte Argumente waren, das Grundkonzept von Ende-zu-Ende-Verschlüsselung zu gefährden, Massenüberwachung privater Kommunikation vorzunehmen – und despotischen Staaten zudem Tür und Tor für Missbrauch entsprechender Schnittstellen zu öffnen.
Entscheidung: Verpflichtende Chatkontrolle ist zu den Akten gelegtIn dieser Woche ging die Debatte um Scannen nach illegalen Inhalten in die dritte große Runde – nach zunächst freiwilligen Initiativen wie im Falle Apples und dann Vorhaben bezüglich erzwungener Scans. Der Europäische Rat hat nämlich
beschlossen, derlei „Detection Orders“ abzulehnen. Eine automatische Verpflichtung für Unternehmen, sämtliche privaten Cloud- oder Messenger-Daten zu scannen, erlangt keinen Gesetzesstatus. Ein neuer Entwurf spricht lediglich davon, dass von Plattformbetreibern "geeignete Maßnahmen zur Minderung von Risiken" zu erarbeiten seien.
Unklare Ausgestaltung, aber einige Schritte festgelegtWas das im Detail sein kann, wird nicht explizit festgelegt. Genau diese Unklarheit sorgt jedoch für weitere Kritik, für Anbieter könnte "Chatkontrolle" dennoch die einzige Wahl bleiben. Die nächsten Schritte sollen zunächst eine Risikoanalyse der Unternehmen beinhalten, um zu prüfen, inwiefern die Dienste zur Verbreitung illegaler Inhalte oder Kontaktaufnahme mit Minderjährigen zu missbrauchen sind. Wer als besonders risikobehaftet gilt, muss mit entsprechenden Technologien entgegenwirken – welche das auch immer sein mögen. Meldepflichten, Kooperation und Unterstützung von Opfern stehen nun im Vordergrund, nicht mehr automatische Scans als Hauptwerkzeug.