Diskussion: Ist Apple in einer "Windows Vista"-Situation mit "konsequent schlechter Ausführung"?


Windows Vista war eindeutig keine Sternstunde von Microsoft, denn sehr viel ging während der Entwicklung sowie der Veröffentlichung schief. Jahrelang hatte man an "Longhorn" gearbeitet, so der Codename einer komplett runderneuerten Windows-Version. Die Komplexität des Projekts überforderte die Entwicklungsabteilungen und nach unzähligen Verzögerungen wurde das System 2006 als Vista auf den Markt gebracht – das bei deutlich reduziertem Funktionsumfang. Was Kunden in Empfang nahmen, war aber in vielerlei Hinsicht wenig brauchbar. Bugs, miese Performance, schlechte Treiberunterstützung, lästige Sicherheitsabfragen und weitere Probleme sorgten für viel schlechte Presse. 2009 folgte bereits Windows 7, Microsoft wollte das Vista-Kapitel schnellstmöglich hinter sich lassen.
Vision Pro eher eine Tech-DemoWie der renommierte Tech-Journalist und Marktexperte Benedict Evans
ausführt, befindet sich Apple momentan aber ebenfalls in einer "Windows Vista"-ähnlichen Situation. Gleich mehrere Aspekte sprechen dafür, in denen Apple scheiterte. So wurde die seiner Ansicht nach bestenfalls als Tech-Demo relevante Apple Vision Pro auf den Markt gebracht, die weder Kunden noch Entwickler anspricht. Selbst Apple-intern verstehen viele angeblich den Sinn des Produkts nicht wirklich – das es auf minimale Verkaufszahlen bringt und wenig Mehrwert bietet.
Siri 2 als umfassendes DebakelDas Siri-Debakel gilt für Evans ebenfalls als Beleg, dass momentan einiges nicht rundläuft. Wenn Apple etwas vorführe, so erschien das Produkt in der Vergangenheit fast immer auch. Nun versprach das Unternehmen aber vollmundig eine neue Siri-Generation, welche man noch nicht einmal als Demo zeigen konnte. Ein reines Mock-up wurde als bald erscheinende Lösung präsentiert und bis vor Kurzem beworben. Jetzt wird es bekanntlich 2026 – im besten Fall.
Immer häufiger VerzögerungenSiri 2 sei laut Evans ein besonders dramatisches Beispiel für Apples Trend, versprochene Funktionen immer häufiger verschieben zu müssen. Das "Metronom aus Juni-Ankündigung und September-Veröffentlichung" gerate verstärkt aus dem Gleichgewicht – vieles im Juni Gezeigte sehe man erst viel später. Apple hielt bislang fast alle Versprechen, doch bei Siri ließ man sich erstmals dazu hinreißen, öffentliche Zusagen zu machen, die in keinster Weise haltbar waren.
Systematisch schlechte Ausführung?Hat bei Apple also eine Vista-ähnliche Entwicklung eingesetzt, also systematisch schlechte Ausführung? Festlegen will sich Evans nicht, Symptome gebe es jedoch. Er vergisst nicht zu erwähnen, dass man Apple schon oft abschrieb und für gescheitert erklärte – und doch erschienen immer wieder die innovativsten und prägendsten Produkte. Ob das Apple von damals allerdings noch existiere? Genau da sei er sich nicht vollständig sicher.
Die Kritik ist sicherlich sehr hart, denn auch wenn es mit Siri einen Bereich gibt, der ganz eindeutig schlechte Arbeit leistet, kann man Apple nicht durch die Bank weg auch "schlechte Ausführung" vorwerfen. Die Hardware überzeugt, selbst wenn Apple oft vorgeworfen wird, dass man oft den Eindruck von kleiner Produktpflege hat. Hinsichtlich der Softwarequalität haben Nutzerbeschwerden dennoch zugenommen, ein steigender Anteil angekündigter, dann verschobener Features ist aber nicht von der Hand zu weisen. Möglicherweise ist das Gesamtsystem aus vielen Plattformen und deren Systemen etwas zu komplex geworden und ausgeufert – und Apple hat interne Strukturen nicht rechtzeitig angepasst.