"Apple Tax": Apple reicht Berufung ein – und muss sich gegen Sammelklage mit bis zu 100.000 Geschädigten wehren


Bereits seit Ende 2020 streiten sich Epic und Apple bezüglich des App Stores vor Gericht – und zuerst sah es so aus, als könnte Apple die finanziellen Konsequenzen aus einem ersten Urteil erfolgreich verhindern. 2021 befand Richterin Yvonne Gonzalez-Rogers, dass Apple kein Monopolist sei, verfügte jedoch, dass der Konzern Hinweise auf externe Angebote aus Apps heraus zu dulden habe. Die Richterin rechnete jedoch nicht mit dem Ideenreichtum aus Cupertino, das Urteil ad absurdum zu führen: Apple gestattete Links auf externe Kaufmöglichkeiten – jedoch müssen Hersteller, welche diese Möglichkeit nutzen, 27 Prozent der Umsätze an Cupertino abführen. Dies ist zwar weniger als die 30 Prozent, welche sich der Konzern über die regulären Kaufmöglichkeiten im App Store einverleibt, jedoch lohnt sich die dreiprozentige Ersparnis in den allermeisten Fällen nicht, da zusätzlich Abrechnungsgebühren entstehen.
Es kam, wie es Apple wünschte: Die nun rechtlich abgesicherte Möglichkeit wurde quasi nicht genutzt und das Urteil aus dem Jahr 2021 hatte für Apple sehr überschaubare Konsequenzen. Epic wollte sich mit der Umsetzung von Apple jedoch nicht abfinden und legte Berufung ein – und das mit
Erfolg: Letzte Woche verdonnerte Richterin Yvonne Gonzalez-Rogers den Konzern dazu, externe Bezahlmöglichkeiten im Sinne des ersten Urteils in den USA
umzusetzen und fand sehr harte Worte bezüglich Apples widerwilligem Verhalten – sowie bewussten Falschaussagen
unter Eid.
Berufung eingereichtFür Apple bedeutet das Urteil wohl erhebliche finanzielle Einbußen, denn einige Entwickler setzten die neue Möglichkeit bereits wenige
Tage nach dem Urteil um – und Apple verdient an diesen Geschäften 0 Prozent. Aus diesem Grund reichte Apple nun Berufung gegen das Urteil von letzter Woche ein und erhofft sich, dass externe Zahlungsmöglichkeiten kein Dauerzustand werden. Ob die Hoffnung begründet ist, wird sich erst in den kommenden Wochen und Monaten zeigen, denn die Argumentation des Konzerns ist aus dem
Berufungsantrag nicht ersichtlich. Ferner ist völlig unklar, wie lange das Berufungsverfahren andauert.
Sammelklage fordert bereits gezahlte "Apple Tax" einDoch nicht nur zukünftige Umsätze stehen für das Unternehmen auf dem Spiel, sondern dank einer Sammelklage gegen Apple auch vergangene. Hagens Berman, welche bereits zwei Klagen gegen Apple bezüglich des App Stores und des Book Stores führte, reichte nun eine
Sammelklage ein, in welcher die Umsatzbeteiligung für die vergangenen 15 Monate zurückgefordert wird. Die Argumentation ist simpel: Da der Konzern es versäumte, das Urteil im Falle Epic gegen Apple korrekt umzusetzen, mussten Entwickler weiterhin die Umsatzbeteiligung zahlen – und dies sei unrecht, da bei Rechtstreue die Umsatzbeteiligung gar nicht angefallen wäre. In der Klageschrift geht Berman davon aus, dass bis zu 100.000 Entwickler Anspruch auf eine Ausgleichszahlung haben könnten.
Hoffnung aus der EntwicklergemeindeDas Vertriebsmodell des App Stores steht international auf der Kippe: In vielen Staaten sind kartellrechtliche Ermittlungen aufgrund des strengen Regelwerks und der hohen Umsatzbeteiligung anhängig. Viele Entwickler und App-Hersteller hoffen, dass aufgrund des von Epic erstrittenen Urteils Apple möglicherweise auf der im Juni stattfindenden Worldwide Developers Conference einlenkt und ein einheitliches, offeneres und für Hersteller besseres Vertriebsmodell vorstellt, welches langfristig kartellrechtlich tragbar ist. Doch die Hoffnung sollte nicht allzu groß sein, denn für Apple ist der App Store einer der wichtigsten Umsatzbringer in der stetig wachsenden Dienste-Sparte – und der Konzern demonstrierte in den vergangenen Jahren eindrucksvoll, jede rechtliche Möglichkeit auszuschöpfen, um die aktuellen Rahmenbedingungen aufrechtzuerhalten.