Falschaussagen unter Eid im Epic-Prozess: Apple drohen strafrechtliche Ermittlungen, Manager eine Haftstrafe


In vielerlei Hinsicht gab Apple in den Gerichtsverfahren rund um mögliche Ausnutzung der Marktmacht sowie im Auftreten gegen Wettbewerbsbehörden ein ziemlich schlechtes Bild ab. Provokantes Auftreten ohne erkennbaren Kooperationswillen, keine Kompromissbereitschaft sowie mehr als merkwürdige Stellungnahmen rund um die eigenen Geschäftspraktiken dürften Apple in eine zunehmend schlechte Position gerückt haben. In Erinnerung bleibt beispielsweise die für ein derart hochoptimiertes Unternehmen reichlich schräg klingende Erläuterung, keine Daten darüber zu haben, ob der App Store profitabel arbeite. Während zwar jeder Beobachter weiß, dass dies nicht stimmen kann, gibt es zumindest keinen eindeutigen Gegenbeweis. Ganz anders sieht es aber in einem anderen Fall aus – denn Apple bzw. ein Apple-Manager log vor Gericht mehrfach unter Eid.
Stein des Anstoßes: Web-Links ebenfalls mit hohen GebührenIm Prozess zwischen Epic und Apple, in dem Apple gerade eine schwere Niederlage einstecken musste, ging es unter anderem um die Gebühren für externe Angebote. Apple wurde bekanntlich dazu angewiesen, Links auf Webstores erlauben zu müssen. Allerdings tat das Unternehmen alles, um es Entwicklern so schwer wie möglich zu machen – und verlangte zudem ebenfalls hohe Gebühren für Verkäufe in herstellereigenen Shops. "Nur" 27 statt 30 Prozent inklusive Audits galt vielen als weitere Provokation und Ignorieren des eigentlichen Urteils. Zurecht, wie das Gericht nun entschied.
Eindeutige Lügen und Falschaussagen unter EidViel schwerwiegender könnte jedoch sein, dass Apple bewusst log und einen Manager unter Eid Aussagen vornehmen ließ, die vollständig nicht der Wahrheit entsprechen. (Abschnitt im
Urteil: "To hide the truth, Vice-President of Finance, Alex Roman, outright lied under oath.") Demnach habe Apple keinerlei Recherchen vorgenommen, was übliche Gebühren in alternativen Stores sind. Zudem gab man bei einer Anhörung im Januar 2024 zu Protokoll, die Höhe besagter Gebühren bislang nicht zu kennen. Pikant daran: Den Gerichtsunterlagen zufolge wurden die entsprechenden Entscheidungen jedoch bereits im Detail am 27. Juni 2023 getroffen – doch niemand bei Apple schritt ein, um die Falschdarstellungen zu korrigieren.
Schiller gegen Gebühren, Cook setzte sich durchWie es in den Aufzeichnungen heißt, habe sich Phil Schiller dagegen ausgesprochen, auch für Einkäufe via Web-Links hohe Gebühren einzufordern. Tim Cook setzte aber angeblich durch, es exakt so zu handhaben, wie es das Gericht nun untersagte. "Eine sehr schlechte Entscheidung", befand die Richterin hinter dem Verfahren. Des Weiteren gibt sie an, dass offensichtliche Lügen und Falschdarstellungen vor Gericht gravierende Folgen haben können, sowohl gegen Apple als auch den Apple-Manager könnten demnach strafrechtliche Ermittlungen zukommen. Letzterem droht im ungünstigsten Fall sogar eine Gefängnisstrafe. Apple hielt die Dokumente der Besprechung vom 27. Juni 2023 geheim und verstieß gegen die Anweisung, alle erforderlichen Aufzeichnungen einzureichen – dabei stand jenes Meeting explizit unter der Überschrift, die genaue Umsetzung des Urteils aus dem Jahr 2021 festzulegen.
Rufschaden, Strafverfahren – und ein Hauptgeschäft nun in GefahrApples Taktieren, Hinhalten und offenkundig unwahre Aussagen dürften also dazu führen, aus einem Zivilrechtsprozess ein Strafverfahren zu machen. Wie das Unternehmen ernsthaft der Auffassung sein konnte, sichtbares Untergraben des Urteils samt Lügen unter Eid sei eine erfolgversprechende Strategie, verwundert doch sehr. Man erkennt daran aber, wie essenziell die Apple Tax, also jene 30 Prozent Entwicklergebühren, für Apples Gesamtergebnis sein müssen – andernfalls würde man nicht derart extreme Risiken eingehen, um die Geschäftspraxis so lange wie möglich zu verteidigen. Apples Ruf nahm dadurch Schaden, zumal gelang es dem Unternehmen, viele Seiten aktiv gegen sich aufzubringen.