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Hintergründe: Werbung im App Store – Wie Apple Milliarden verdient, Nutzer-Tracking und Personalisierung

Im App Store ist es möglich, Werbung zu buchen und für Apple gilt dieser Bereich als großer Wachstumsmarkt. Apple bietet dabei detailliertes Targeting, um sich als Werbetreibender genau die Zielgruppe aussuchen zu können. Zwar gibt es, anders als beispielsweise auf Facebook oder Google keine Konfiguration wie "Mann (single) aus Frankfurt, der sich für BMW interessiert und mit dem iPhone zugreift", dennoch bietet auch Apple zugeschnittene Kampagnen. Apple betont, ausschließlich auf "First Party data" zu setzen, also nur auf das eigene Nutzer-Tracking. Dies ist ebenfalls nicht komplett unterschiedlich zu einem Ansatz, wie ihn Google fährt. Apple erfasst und speichert beispielsweise Suchen und Downloads im Store, gelesene Artikel in Apple News oder Aktivität in der Aktien-App. Damit weiß das Unternehmen sehr genau, wie Kunde XY tickt und was ihn interessiert.


"Nutzerdaten verkaufen" – missverständlicher Ausdruck
Wenn man oft Phrasen hört wie "Google und Facebook verkaufen Nutzerdaten", so trifft dies eigentlich nicht zu – die Daten wären viel zu wertvoll, um diese weiterzugeben. Was der Werbetreibende bezahlt ist schlicht, dass die Anbieter eine Werbeanzeige an die gewünschten Personen ausspielt – ohne dass der Auftraggeber aber weiß, welche Individuen denn nun die Werbung auch sahen. Was allerdings Apple von Facebook und Google unterscheidet, ist die Tatsache, ausschließlich auf eigene Daten zu setzen. Es gibt keine Möglichkeiten, dass Drittanbieter mit eigenen Tracking-Systemen Anzeigen im App Store schalten könnten.

Apple rühmt nicht-personalisierte Werbung – mit merkwürdigen Zahlen
In einer Präsentation für Werbetreibende rühmt sich Apple damit, wie erfolgreich die "Search Ads" im Store sind – obwohl sich mehr als 60 Prozent der Nutzer gegen personalisierte Werbung entscheiden. Hier wirft das Unternehmen aber mit merkwürdigen Zahlen um sich. Angeblich liegt die Conversion Rate mit aktivierten "Personalisierten Anzeigen" bei 62,1 Prozent, bei deaktivierter Personalisierung sogar bei 62,5 Prozent. Was auch immer Apple hier ausgerechnet hat: Nach dem gängigen Standard hinsichtlich Berechnung von Konversionsraten bei Werbeanzeigen würde das bedeutet, dass die Mehrheit der Nutzer ausschließlich dann auf eine App klickt, wenn diese auch als Werbung markiert ist. Selbst ein Wert von einem Prozent wäre normalerweise nämlich schon sensationell viel – Apple scheint also eher unübliche Vergleichswerte zu kombinieren.

Keyword-Bidding und normale Werbung nicht vergleichbar
Auch aus einem anderen Grund ist die Folgerung, Deaktivierung von Personalisierung bringe generell keine Verschlechterung, nicht allgemein anwendbar. Bei den Search Ads bieten Werbetreibende auf Schlüsselworte. Suchen Nutzer danach, so darf der Anbieter mit dem höchsten Gebot die Anzeige einblenden. Es bedarf keines Trackings, da ohnehin schon vollständig klar ist, was den jeweiligen Besucher gerade interessiert. Ähnlich funktioniert es übrigens in der Google-Suche: Der Großteil des Werbeumsatzes entsteht dort, weil sich Hersteller bestimmte Suchbegriffe ersteigern. Google dokumentierte 2019 Conversions Rates von 4,4 Prozent.

Automatische Anzeigen: Hier schneidet Apple schlecht ab
Ein anderer Bereich der Search Ads betrifft automatisch ausgesteuerte Anzeigen. Während die Werbeschaltungen nach Schlüsselworten sehr gut funktionieren, bietet die automatische Platzierung im App Store hingegen fast schon desaströs schlechte Ergebnisse. Im normalen Display-Werbemarkt (also Banner auf Webseiten) erhöht Personalisierung bei herkömmlichen Anzeigen die Conversion Rate deutlich. In konkreten Zahlen: Zufalls-Banner muss man statistisch gesehen 5000 Mal einblenden, bis der erste Nutzer klickt, individuell ausgesteuert sind es durchschnittlich nur noch 500 Impressions.

Kontextuell platziert, also beispielsweise Lufthansa-Werbung in Artikeln, die Reisen besprechen, liegt man etwa bei 1000 Einblendungen – mit dem schweren Nachteil, dass auch der Flugzeugabsturz auf Mallorca selbige Lufthansa-Banner anziehen würde. Im App Store kommt man auf Werte, die lediglich in der Größenordnung der Zufalls-Banner liegen, allerdings zu einem Vielfachen des Preises. Dies zeigt, für erfolgreiche Zahlen nur schwer auf individuellen Zuschnitt verzichten zu können.

Fazit
Der letzte Absatz soll natürlich kein Plädoyer sein, Apple müsse dringend mit exzessivem Tracking beginnen. Die Vergleiche zeigen aber, warum das Geschäftsmodell der Personalisierung trotz viel Kritik über all die Jahre so ausgebaut wurde. Apple tut sich leicht, alle anderen Hersteller zu verurteilen, denn die eigenen Werbeumsätze in Milliardenhöhe stammen von Geboten auf Suchbegriffe. Wenn allerdings die Werbepräsenz im Store tatsächlich stark ausgeweitet wird, steht sehr zu befürchten, dass Apple gar nicht mehr um intensivere Nutzeranalysen herumkommt.

Such-Werbung und automatisch ausgesteuerte Anzeigen folgen nun einmal völlig anderen Gesetzen. Einblendung zufälliger Anzeigen wird den Großteil der Werbekunden sicherlich nicht zufriedenstellen. Will Apple noch mehr Werbemilliarden einnehmen, könnte dies Kompromisse hinsichtlich der aktuellen Politik nach sich ziehen – und einem Anzeigen für Reise-Apps im ganzen Store nachrennen, nur weil man vom Algorithmus als "mag Reisen" klassifiziert wurde.

Kommentare

PorterWagoner
PorterWagoner12.05.22 11:01
Danke und Lob für diesen spannenden Artikel! Mir hat noch nie jemand so kompakt den ganzen Werbungmarkt erklärt und wie das mit den Platzierungen funktioniert. Ich höre immer überall nur kurze Schlagzeile, jetzt habe ich viel mehr Verständnis. Danke!
+16
evanbetter
evanbetter12.05.22 11:15
"Our customers are not our products" – Tim Cook, Oktober 2015.

Im Detail:
"Our view on this comes from a values point of view, not from a commercial interest point of view. Our values are that we do think that people have a right to privacy. And that our customers are not our products. We don't collect a lot of your data and understand every detail about your life. That's just not the business that we are in."

Hier zu lesen:


Apple ist genauso unglaubwürdig geworden, wie alle anderen.
Wer zuletzt lacht, hat's zuletzt geschnallt.
+2
MikeMuc12.05.22 13:11
Was hier viel zu kurz kommt: Wir treffen auf Werbung "von" Apple nur im AppleStore und viellicht andern Diesen von Apple. Nicht aber "im Internet", sprich Browser. Oder sehe / interpretiere ich das falsch? Wie kann man damit großartige Umsätze (bei Apple) generieren. Wird wirklich soviel für Werbung an den paar Stellen ausgegeben?
Richtig lohnen würde es sich doch erst, wenn Anzeignen in zB Safari "von Apple" kommen und nicht von irgendwelchen anderen großen Werbenetzwerken
-1
Wackeldackel12.05.22 13:19
Werbung ist bei kostenlosen Diensten ok.

Tracking über Webseiten, Devise und Account übergreifend geht gar nicht!

Daran wird sich Apple lassen müssen.

An die Redaktion:
Ich bin mir nicht sicher, ob "MacTechNews" mittlerweile in das gleiche Horn bläst wie Google, Microsoft, Facebook EU etc. und auch Tracking/ Überwachung mit Profilerstellung der Kunden über alles favorisiert und als Geschäftsmodell entdeckt hat.
Was macht ihr mit meinen Daten und wo grenzt ihr euch ab?
Bitte um Rückmeldung.
Danke
-9
MacKaltschale12.05.22 15:06
Wackeldackel
An die Redaktion:
Ich bin mir nicht sicher, ob "MacTechNews" mittlerweile in das gleiche Horn bläst wie Google, Microsoft, Facebook EU etc. und auch Tracking/ Überwachung mit Profilerstellung der Kunden über alles favorisiert und als Geschäftsmodell entdeckt hat.
Was macht ihr mit meinen Daten und wo grenzt ihr euch ab?
Bitte um Rückmeldung.
Danke

Einzig sinnvolle Antwort auf so einen Beitrag:
+3
PorterWagoner
PorterWagoner12.05.22 15:10
MikeMuc Hast du den Artikel auch gelesen Da ist sehr gut erklärt dass jeder im App Store für Apps Werbung schalten kann. Es heißt, das sind Milliarden an Umsatz.

Wackeldackel Wie wäre es damit?
Die Seite hat wie jede andere die ich kenne Google-Werbung. Google kennt dich gut und baut hier dann automatisch Banner ein, die für dich passen. Wenn ich das nicht will, dann bezahle ich für das Werbefrei hier, das ist ein gutes Angebot. Aber die Seite weiß nicht, wer du bist und gibt nichts weiter. So habe ich das in einer anderen Diskussion gelesen.
+8
chonno13.05.22 07:29
Die Adds im AppleAppStore haben bei mir persönlich noch nie eine Kaufentscheidung erzeugt.
Entweder wusste ich vorher was ich will, und meistens will ich gar nichts.

Ich denke in 13 Jahren hab ich keine 130 Euro dort gelassen, wovon damals 75€ auf Navigon entfielen ^. Den verbleibenden Rest verbuche ich auf 12€ Cryptomator, 8€ IconnectHue und dann – dann muss ich schon echt scharf nachdenken.

Wenn ich beim App–Updaten schon die Rubrik lese „was wir heute spielen“ frage ich mich eher: wer braucht so einen Scheiss?

Der tatsächliche Erfolg von Werbung für den Anzeigenachaltenden wird mEn völlig überbewertet. Dies können Werbenetzwerke jetzt natürlich nicht so sagen.
Das ist wie mit den Postwurfsendungen…. viel Aufwand, fast kein Ergebnis.
-4
PorterWagoner
PorterWagoner13.05.22 15:44
Unternehmen messen die Wirkung ihrer Werbegelder sehr genau. Wenn das wirklich so überflüssig ist wie du sagst, wäre bestimmt schon jemand aus der Branche vor dir darauf gekommen

Nur weil man selber nicht interessiert ist, heißt das ja nicht, es funktioniert für niemanden.

Ich will damit aber nicht noch mehr Werbung überall fordern
+6
MikeMuc19.05.22 13:26
PorterWagoner
MikeMuc Hast du den Artikel auch gelesen
Natürlich hab ich den gelesen. Du hast mich aber anscheinend nicht verstanden. Es ist egal, wer dort Werbung für was schaltet. Ich bin dort einfach selten und wenn, suche ich was sehr bestimmtes. Daher fände ich es interessant wie es dazu kommt, das dort soviel in Werbung investiert wird. Wofür und an wen ist die adressiert? Eigentlich kann es sich "nur" um Werbung für Produkte handeln, die dort auch angeboten werden. Vornehmlich also Apps und Abos. Aus dem Grund wäre der Kreis der dort Werbenden und der Ziele doch relativ eingeschränkt und klein im Verhältnis zum "freien" Internet. Dort begegnet man viel mehr Werbung.
Wenn nun trotzdem Apple einen guten Schnitt damit macht... ok, dann wird es für Apple und die dort Werbenden wohl einträglich genug sein
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