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Worum es beim heutigen Showdown zwischen Apple und Samsung geht

Um 16 Uhr unserer Zeit findet der Auftakt zum finalen Aufeinandertreffen von Apple und Samsung in dem seit fünf Jahren tobenden Patentkrieg der beiden Smartphone-Giganten statt. Austragungsort ist das oberste Gericht der Vereinigten Staaten (US Supreme Court). Die Bedeutung dieses Konflikts, der sich immer weiter hochschaukelte, wird allein durch zwei Fakten deutlich. Einerseits geht es mit über einer halbe Milliarde US-Dollar um eine Schadenssumme, die auch für die großen Konzerne eine nennenswerte Größe sind. Zweitens ist es das erste Mal seit über 100 Jahren, dass sich das oberste US-Gericht mit einer Patentklage befasst. MacTechNews beantwortet die wichtigsten Fragen rund um den Showdown.


Was passiert ist
Im Grunde genommen ist Apples Ansicht schnell beschrieben: Cupertino habe mit dem iPhone im Jahr 2007 das Smartphone in seiner heutigen Form erfunden. Samsung, seit Jahren größter und erfolgreichster Konkurrent auf der Android-Plattform, ist durch Kopien der wichtigsten Merkmale des Apple-Smartphones zum Erfolg gekommen. Berühmt ist etwa Apple Argumentation in Bildform, in der Samsungs Smartphone vor 2007 und nach 2007 mit dem Apple iPhone durch einfache Abbildungen verglichen werden.


Deswegen strengte Apple im Jahr 2011 eine Reihe von Patentklagen gegen Samsung in den USA an. Zu den betroffenen Patenten gehörten auch umstrittene Design-Patente; sinnbildlich geworden sind etwa die typischen abgerundeten Ecken des Smartphone-Gehäuses oder die bunten, kleinen Abbildungen, welche Apps darstellen sollen. In einer Reihe von ersten Siegen vor Gericht beliefen sich die Schadenssummen für Samsung auf über eine Milliarde US-Dollar. Jahrelange Berufungen, Revisionen und Neuverhandlungen reduzierten die Summe schließlich auf die bekannten 548 Millionen Dollar, die Samsung im Dezember 2015 an Apple überwiesen hatte. Wohlgemerkt: Inzwischen waren die meisten Produkte, um die es in den Klagen ging, gar nicht mehr auf dem Markt. Selbst einige der betroffenen Technologiepatente werden inzwischen nicht mehr bei Apples oder Samsungs Smartphones verwendet - ein beeindruckendes Zeichen, um wievieles schneller die Welt der Technologie als die Welt des Rechts ist.

Doch selbst an dieser Stelle war die Geschichte nicht zu Ende. Denn Samsung wählte den ungewöhnlichen Schritt, den Fall vor das US Supreme Court zu bringen, welches sich eigentlich nicht mit Patentangelegenheiten beschäftigte. Zu Apples Unmut nahm das oberste Gericht den Fall an - zumindest in Teilen.

Wer hinter den beiden Parteien steht
Seitdem klar war, dass der Konflikt der beiden Technologieriesen vor dem obersten Gericht seinen Höhepunkt erreichen würde, sprangen beiden Seiten eine Reihe von Interessensgruppen zur Seite. Partei für Samsung ergriff dabei ein großer Teil der großen Apple-Konkurrenz des Silicon Valley, allen voran Google-Mutter Alphabet und Facebook. Sie unterstützen Samsung bei der Generalkritik an den sogenannten Design-Patenten. Diese seien insbesondere im Smartphone-Sektor, wo es mehr als 200.000 solcher »Geschmacksmuster« gibt, außer Kontrolle geraten. Gemeinsam werfen die Konzerne Apple vor, zum Wegbereiter für sogenannte Patenttrolle zu werden, also Unternehmen, die ihr Geld nicht durch den Verkauf von Produkten, sondern nur durch das Halten aller möglichen Patente via Lizenzgebühren oder Strafzahlungen verdienen. Kurioserweise ist Apple regelmäßig Hauptopfer von Klagen solcher Patenttrolle.


Auch das US-Justizministerium hat sich schon auf Seiten Samsungs positioniert. Die Behörde ist seit dem medienträchtigen Konflikt um das sogenannte »Terroristen-iPhone«des Öfteren mit Cupertino aneinander geraten. Der Ansicht des Ministeriums zufolge soll das Supreme Court den Fall an ein unteres Gericht zurückgeben, wo es nochmal ganz neu zu verhandeln sei - also quasi eine komplette Neuauflage des jahrelangen Rechtsstreits.

Für Apple sprachen sich auf der anderen Seite eine Reihe von bekannten Designern aus. Für sie stellt Apple ihre Interessensvertretung bei der Wertschätzung der genannten Design-Patente dar. Sie pochen auf eine inzwischen 129 Jahre alte Entscheidung des US-Kongresses, wonach sich Produkte durch ihr Design verkaufen und deswegen auch Gestaltungsformen einen Wert darstellten, den es patentrechtlich zu schützen gelte.

Worum es in der Verhandlung geht
Ein Irrtum, dem im Moment viele unterliegen, betrifft den Verhandlungsgegenstand vor dem US Supreme Court. Es geht dezidiert nicht darum, ob Samsung die diversen Apple-Patente verletzt hat. Diese Fragen sind den Juristen zufolge von den unteren Gerichtsinstanzen hinreichend beantwortet. Es geht lediglich darum, ob die berechnete Schadenshöhe von 548 Millionen Dollar zu halten ist.


Grundlage für die Berechnung stellte nämlich der gesamte Verkaufserlös aller Samsung-Produkte dar, welche die entsprechenden Patente verletzt hatten. Verteidiger dieser Berechnung argumentieren mit dem eben dargestellten, alten Beschluss »Design verkauft Artikel«. Samsung dagegen möchte eine andere Grundlage durchsetzen: Nur der Anteil derjenigen Bauteile, die tatsächlich die Patente verletzten, solle berücksichtigt werden. Wenn sich Samsung also durchsetzen könnte, würde das Strafmaß gegebenenfalls deutlich reduziert werden. Da die 548 Millionen bekanntlich bereits im Dezember 2015 geflossen sind, bedeutete dies eine Rückzahlungsverpflichtung von Apple an Samsung.

Für den südkoreanischen Konzern wäre dies ein Erfolg in turbulenten Zeiten. Aktuell ist die Smartphone-Sparte des Konzerns vor allem durch die katastrophalen Berichte über explodierende Akkus und eine misslungene Austauschaktion beim Galaxy Note 7 in den Schlagzeilen. Ein Urteil des Supreme Court könnte aber noch Monate auf sich warten lassen.

Kommentare

Lerchenzunge11.10.16 13:24
"Wer hinter den beiden Parteien steht" ?

Ist doch einfach: Innovator vs. Follower, Innovation vs. CopyCat.

Und wenn sich Samsung durchsetzt, kann man demnächst auch in anderen Branchen in den USA 1:1 Kopien bestaunen: einen Kia 'Porsche Carrera Design', einen Hyundai 'Ferrari Design', ein sony Walkman hätte von Beginn an auch von Aiwa und anderen verkauft werden können, und wenn ein Galaxy S7 herauskommt, darf eine China Kopie von Xiaomi, Huawei oder anderen dann sofort auch in den USA verkauft werden.

Warum? Weil die dann eben Milliarden damit verdienen, aber selbst nach langwierigen Rechtstreitigkeiten sehr billig davonkämen - weil sie eben nur für einzelne Komponenten Schadenersatz leisten müssten - den Porsche Schaltknüppel oder Ferrari Scheinwerfer.

Peanuts, und die Einladung zum Plagiieren.

Sollte der US Gerichtshof das durchwinken, hebeln sie das Patentrecht bezüglich Designschutz aus - zum Schaden jeglicher kreativen Konzerne.

Das Witzige daran: selbst wenn Samsung sich durchsetzen sollte, schießen sie sich damit ins eigene Knie. Denn sie öffnen damit den US Markt für Xiaomi, Huawei, ZTE, die ihnen durch Preisdumping und dreistere Kopien der Originale auf dem chinesischen Markt schon das Wasser abgegraben haben.

Diese bleiben dem US Markt explizit deswegen fern - weil sie sonst mit Klagen rechnen müssten. Aus offensichtlichen Gründen - sie geben ja sogar damit an, möglichst ihrem 'Vorbild' Jonathan Ive nachzueifern, weil er eben so gut sei. Eine Ehre, kopiert zu werden.

Und so könnte dem Management Debakel Galaxy Note 7 auch ein Pyrrhussieg gegen Apple folgen. Und Samsungs Smartphone Geschäft endgültig den Boden wegziehen.

Tja: am Ende entscheidet noch immer die Unfähigkeit des Managements, sowie Überheblichkeit, über den Untergang eines Unternehmens. Hat man bei Nokia gesehen, und Samsung scheint daraus wenig gelernt zu haben.
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mac_heibu11.10.16 13:59
Genau so!
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coffee
coffee11.10.16 14:16
Lerchenzunge
Dem kann ich nur zustimmen. Du hast das Problem exakt auf den Punkt gebracht.
Simplicity is the ultimate Sophistication (Steve Jobs)
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sierkb11.10.16 14:17
MTN
[…]
Partei für Samsung ergriff dabei ein großer Teil der großen Apple-Konkurrenz des Silicon Valley, allen voran Google-Mutter Alphabet und Facebook. Sie unterstützen Samsung bei der Generalkritik an den sogenannten Design-Patenten. Diese seien insbesondere im Smartphone-Sektor, wo es mehr als 200.000 solcher »Geschmacksmuster« gibt, außer Kontrolle geraten. Gemeinsam werfen die Konzerne Apple vor, zum Wegbereiter für sogenannte Patenttrolle zu werden, also Unternehmen, die ihr Geld nicht durch den Verkauf von Produkten, sondern nur durch das Halten aller möglichen Patente via Lizenzgebühren oder Strafzahlungen verdienen.
[…]

Derzeit gleichzeitig an anderer Front (sicher auch nicht ohne Auswirkungen auf dieses in Rede stehende Verfahren):

heise (10.10.2016): US-Handelsaufsicht fordert schärferes Vorgehen gegen Patent-Trolle
96 Prozent aller Patentverletzungsverfahren in den USA stammen von klagefreudigen Verwertungsfirmen, die Betroffene mit ihrem Gebaren "belästigten", hat die Federal Trade Commission eruiert. Sie drängt auf Reformen.

heise (05.10.2016): US-Berufungsrichter: Softwarepatente verletzen die Meinungsfreiheit
In einem Streit über Schutzansprüche auf einen Virenscanner hat Berufungsrichter Haldane Mayer Patente auf Computerprogramme scharf kritisiert, da diese ein "perverses Anreizsystem" geschaffen hätten und die Wirtschaft belasteten.


In diesem Zusammenhang: Apple ist beteiligt an einer Firma, hat diese sogar ins Leben gerufen und führt diese an, welche gemeinhin als Patenttroll gilt ("number 3 on its list of the 8 most fearsome patent trolls in industry"), hat diese auch schon in Stellung gebracht gehabt und schießen lassen (u.a. mit von Rockstar eingekauften Nortel-Patenten; die Insolvenz von Nortel macht grad' anderweitig unrühmlich von sich Reden , ) in Richtung Android-Kunden: Rockstar , .
In 2012, Business Insider listed Rockstar as number 3 on its list of the 8 most fearsome patent trolls in industry. Wired magazine notes that some call them a "straight-up patent troll".

In October 2013, Rockstar had initiated legal action against eight companies, including Google, Huawei and Samsung, as well as other makers of Android phones including Asustek, HTC, LG Electronics, Pantech, and ZTE.

In December 2013, Google initiated legal action against Rockstar, with a countersuit filed in San Jose, California.

In November 2014, it was reported that Rockstar and Google had come to a settlement.

In December 2014, Rockstar agreed to sell 4000 of its patents to RPX Corporation, a defensive patent aggregator.
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Atelier 'et Lux'11.10.16 15:05
Würden diese Argumente in der Bekleidungsindustrie ziehen, dann hätten wir keine Mode mehr. "Perverses" Patentsystem trifft den Nagel auf den Kopf.
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Lerchenzunge11.10.16 16:36
Atelier 'et Lux'
Würden diese Argumente in der Bekleidungsindustrie ziehen, dann hätten wir keine Mode mehr. "Perverses" Patentsystem trifft den Nagel auf den Kopf.

Stimmt, und wir würden alle einheitlich gekleidet herumlaufen - wie die Parteikader in Nordkorea?
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leseratte11.10.16 20:24
Jetzt aber mal ganz ehrlich, damals als das iPhone 3 von Jobs vorgestellt wurde gab es kein einziges vergleichbares Gerät. Im Gegenteil Apple wurde belächelt und verhöhnt. Kein Mensch wolle ein solches Gerät und Apple werde grandios scheitern wurde prophezeit. Erst als der unglaubliche Erfolg sich einstellte gabs Nachahmer, unter anderem Samsung. Und wenn wir gerade dabei sind ohne Googles Android gäbe es überhaupt keine Samsung Phones. Nicht einmal das mussten sie leisten! Aber wie gesagt, Konkurrenz ist immer eine gute Sache. Man sollte einfach selber innovativ sein! Das hat Samsung nur in bescheidenem Rahmen geleistet (zb. grössere Phones wo Apple schliesslich mitziehen musste). Grandiose Innovation! Grösser, schneller, dünner???
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coffee
coffee11.10.16 20:54
leseratte
Jetzt aber mal ganz ehrlich, damals als das iPhone 3 von Jobs vorgestellt wurde gab es kein einziges vergleichbares Gerät. Im Gegenteil Apple wurde belächelt und verhöhnt. Kein Mensch wolle ein solches Gerät und Apple werde grandios scheitern wurde prophezeit. Erst als der unglaubliche Erfolg sich einstellte gabs Nachahmer, unter anderem Samsung. Und wenn wir gerade dabei sind ohne Googles Android gäbe es überhaupt keine Samsung Phones. Nicht einmal das mussten sie leisten! Aber wie gesagt, Konkurrenz ist immer eine gute Sache. Man sollte einfach selber innovativ sein! Das hat Samsung nur in bescheidenem Rahmen geleistet (zb. grössere Phones wo Apple schliesslich mitziehen musste). Grandiose Innovation! Grösser, schneller, dünner???
+ 1
Grösser, schneller, dünner... und peng!
Samsung hat überzogen.
Simplicity is the ultimate Sophistication (Steve Jobs)
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sierkb11.10.16 20:55
leseratte:

Jetzt aber mal ganz ehrlich: bitte mal fair bleiben, den ungeliebten Konkurrenten nicht kleiner machen als er ist und das favorisierte Unternehmen nicht höher stellen als es ist. Zumal es ausgerechnet und grad' Apple ist, die derzeit an gleich mehreren Fronten alles andere als innovativ sind, sich bei der Konkurrenz abschauen, was die machen und das übernehmen (auch was Samsung da teilweise so vormacht), der Konkurrenz da teilweise deutlich hinterherhängen (teilweise so sehr hinterherhängen, dass Apple deswegen grad' an anderer Front verklagt wird, weil z.B. ihr Produkt Safari der Gesamtentwicklung so dermaßen hinterherhinkt, dass er den Fortschritt und Markt ausbremst und das für nicht wenige mittlerweile unerträglich geworden ist weiter tatenlos auszuhalten).

Mal die Kirche im Dorf lassen bitte und die Verhältnisse gewahrt lassen. Samsung ist kein Heiliger, Apple aber noch viel weniger. Da begegnen sich zwei aggressive Marktteilnehmer auf Augenhöhe, haben so Einiges an Aggressivität gemeinsam, deshalb kracht es dann auch zuweilen so im Gebälk, wenn zwei Alphatiere, die neben sich keinen Nebenbuhler dulden, aufeinandertreffen. Und die Geschäftsbeziehung, die Apple zu Samsung seit Jahren hat, haben sie nicht, weil Samsung einseitig so schlecht ist und Apple einseitig so gut. Apple würde deren Komponenten nicht verbauen, wäre sie schlecht.

Apple würde sich auch bei Samsung, Android und verschiedenen Linux/Unix-Desktops nicht bedienen und von dort gute und nachgefragte Dinge übernehmen, wenn diese sich nicht als gut und richtig erwiesen hätten. Und dieses Geben und Nehmen von allen in alle Richtungen ist völlig normal und richtig, Apple praktiziert das Nehmen so selbstverständlich anderen gegenüber, wie diese das untereinander auch tun. Nur das das dort Selbstverständlichkeiten und normaler usus ist, auch wenn Apple das macht, aber wenn jemand bei Apple Anleihen gemacht hat, wird ein großer Bohei drum gemacht. Wenn man mal anfangen würde auf den Tisch zu legen, wo Apple sich überall bedient hat, genommen hat ohne rot zu werden und ohne zurückzugeben, dann wird die Liste lang, und es bliebe am Ende kein einziges Apple-Produkt übrig, das diesbzgl. unberührt wäre oder gar existieren würde, angefangen vom Betriebssystem und dessen Kern-Komponenten bis hin zu noch ganz anderen Dingen.

Es sei in diesem Zusammenhang an folgendes Gleichnis erinnert:

Wikipedia (de): Zwerge auf den Schultern von Riesen
Isaac Newton, 5. Februar 1676
"Wenn ich weiter geblickt habe, so deshalb, weil ich auf den Schultern von Riesen stehe.“

Auch Apple ist nur ein Zwerg, der auf Schultern von Riesen steht!
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sierkb11.10.16 20:56
coffee
Grösser, schneller, dünner... und peng!
Samsung hat überzogen.

Das kann Apple und jedem anderen Hersteller ganz genauso passieren. Schneller als es Apple und uns allen hier lieb ist und Du Peng sagen kannst.

Das Ganze sollte mal als ein Warnschuss begriffen werden und Moment zum überlegten Innehalten im gegenseitigen Wettlauf und "grösser, schneller, dünner"-Wahn. Dem auch ganz besonders Apple anheimgefallen ist und ihn antreibt.
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