Keine Beta von iOS 18.6: Handelskrieg mit China die Ursache?


Als Apple vor einem Jahr „Apple Intelligence“ als Oberbegriff für hauseigene KI-Funktionen ankündigte, war nicht klar, wie sehr sich die Integration LLM-basierter Funktionen aus eigenem Hause in die Betriebssysteme verzögert: Schreibwerkzeuge erschienen erst mit dem ersten, Image Playground mit dem zweiten Update. In der EU standen Apple-Intelligence-Funktionen erst mit dem Update auf iOS 18.4 sowie macOS 15.4 bereit. Im potenziell riesigen Absatzmarkt China verzögert sich die Integration von KI-Funktionen weiterhin – allerdings nicht wegen technischer Hürden: Die
Financial Times berichtet, dass sich eine chinesische Behörde ungewöhnlich viel Zeit lasse, Apples KI-Angebot eine Zulassung zu erteilen. Das wirkt sich auch auf Nutzer in Europa und den USA aus: iOS 18.6 soll höchstwahrscheinlich KI-Funktionen für China integrieren – und solange die Genehmigung nicht erteilt wurde, erscheint keine Beta.
Für den chinesischen Markt musste Apple bereits deutliche Veränderungen hinsichtlich der verwendeten KI-Infrastruktur vornehmen: Anstatt des lokalen Foundation-Modells mit aufgabenspezifischen Adaptern kommt ein Large Language Model von
Alibaba zum Einsatz. Diese Entscheidung fiel Mitte Februar; wahrscheinlich konnte Apple kurz darauf das KI-Modell zur staatlichen Genehmigung einreichen. Die Hoffnung bestand, bis April auch chinesischen Anwendern integrierte KI-Funktionen anzubieten. Doch die chinesische Cyberspace-Behörde (CAC) verweigerte bisher die Freigabe. Der Befehl dazu kam wohl von ganz oben: Der Staatsrat muss die endgültige Entscheidung fällen, was er aufgrund „politischer Unsicherheiten“ derzeit nicht will.
Spielfigur im HandelskriegHintergrund ist aller Wahrscheinlichkeit nach der andauernde Konflikt zwischen den USA und China rund um Zölle, Im- und Exportbeschränkungen. China wirft den USA vor, mit Exportverboten zu Düsenantrieben und Chipdesignsoftware bestehende Handelsabkommen zu verletzen. Die US-Regierung hielt dagegen, dass China den Export seltener Erden illegalerweise einschränke, und will Zölle auf Stahlimporte auf 50 Prozent erhöhen. Zudem denke man über ein Handelsverbot für Baidu, Alibaba und Tencent nach. Die verzögerte Genehmigung von Apples Integration der Alibaba-KI ist dabei wahrscheinlich ein kleiner, aber öffentlichkeitswirksamer Nebenschauplatz. Huawei und Xiaomi haben längst KI-Funktionen in ihre Android-basierten Betriebssysteme integriert und haben dadurch einen Konkurrenzvorteil. So findet sich der iPhone-Hersteller erneut in einer Rolle, bei der er für geopolitische Interessen Einbußen hinnehmen muss. Das bremst weltweit die Fortentwicklung von Apples Betriebssystemen, denn solange die Hoffnung besteht, dass CAC die Zusage erteilt, bleibt die Veröffentlichung der nächsten Beta-Version wohl aus.