

Vorab, um Missverständnissen vorzubeugen: Wenn HDMI ARC in Ihrer Anlagenkombination gut funktioniert und Sie zufrieden damit sind, soll das Folgende Sie nicht davon abbringen, es auch zu nutzen.
Die Idee hört sich erst mal super an. Mittels HDMI-Schnittstelle mit dem Zusatz ARC – das steht für „Audio Return Channel“ – kann der Ton vom Fernseher oder Beamer an ein Audiogerät wie etwa einen HiFi-Verstärker ausgegeben werden. Die im TV-Gerät eingebauten und meist eher schlechten Lautsprecher werden dann arbeitslos. Stattdessen wird der Ton in Stereo oder Multikanal Surround über die HiFi-Anlage ausgegeben.
Je nach Qualität der Anlage wird damit das TV-Erlebnis durch wesentlich bessere Klangqualität und mehr Räumlichkeit drastisch gesteigert. Denn der „Soundtrack“ und dessen Klangqualität haben erheblichen Einfluss darauf, wie wir die Darbietung wahrnehmen. Manche Filme oder Serien wären ohne ihren genialen Soundtrack womöglich niemals so berühmt und populär geworden. Oder könnten Sie sich etwa den Psycho-Klassiker „The Shining“ ohne seine gruselige Musik und Tonuntermalung vorstellen? Oder Star Wars ohne den phänomenalen hymnenartigen Main Theme von John Williams und die tollen Sound-Effekte bei den Weltraumschlachten?
Ohne guten Ton ist das Erlebnis deutlich eingeschränkt. Darum macht es Sinn, dem Filmton und dessen Klangqualität höchste Aufmerksamkeit zu schenken. Das muss nicht unbedingt ein aufwendiges Surround-Setup mit fünf, sieben oder mehr Lautsprechern plus Subwoofern sein. Schon vernünftig seitlich von Bildschirm aufgestellte Stereolautsprecher können das Erlebnis dramatisch intensivieren. Manche Inhalte, die zuvor vielleicht eher langweilig erschienen, erhalten dadurch eine andere Intensität und Qualität.
Wie kommt der Filmton in die HiFi-Anlage?Zwei digitale Verbindungsarten dominieren derzeit den Markt, um TV-Ton über die heimische Anlage auszugeben. Toslink, an den Buchsen oft mit "OPTICAL" beschriftet, ist seit vielen Jahren die am weitesten verbreitete Möglichkeit. Nahezu jeder Fernseher verfügt über den optischen Digitalausgang, für den ein einfaches und
günstiges Kabel mit optischer Faser genutzt werden kann. – Oft gehört ein solches Kabel sogar zum Lieferumfang des Fernsehers. Und nahezu jeder Vollverstärker mit digitalen Anschlüssen, sowie quasi jeder Streaming-Amp oder DAC/Vorverstärker hat einen solchen Toslink-Eingang.
Einfach das Kabel zwischen TV und Audiogerät einstecken, im TV-Menü für die Tonausgabe eben diesen Anschluss aktivieren, am Verstärker den entsprechenden Eingang wählen und schon ist der Ton um Welten besser als über die in den heutigen flachen Screens eingebauten plattgepressten Joghurtbecher-Quäker. Wie gesagt: Der Aufstellung der Lautsprecher und möglichst auch der Sitzposition sollte schon ein wenig Aufmerksamkeit geschenkt werden, um das beste Ergebnis zu erzielen. Es bringt wenig, wenn die Lautsprecher seitlich vom Fernseher in eine Regalwand gequetscht wurden. Aber das ist ein Thema für sich.
Die zweite Möglichkeit, den Ton auf digitaler Ebene von der Glotze in die Anlage zu befördern, ist das besagte HDMI ARC. (Es gibt auch noch die Unterscheidung zwischen HDMI ARC und eARC, aber das ist im Wesentlichen nur eine Frage der Daten-Bandbreite. eARC ist nur für diejenigen wirklich wichtig, die ein Multikanal-Surroundsystem in möglichst hoher Auflösung aufbauen wollen.)
Die HDMI-Schnittstelle ist vielen als Verbindung zur Bildübertragung bekannt. Etwa um den Bildschirm des Laptops über einen Beamer auf Leinwand zu bringen oder auch zum Anschluss von Monitoren. USB-C und andere Schnittstellen haben hierfür aber inzwischen fast schon einen höheren Stellenwert als HDMI. Doch mit dem „Audio Return Channel“ wird HDMI zur reinen Tonleitung vom TV zum Audiogerät. Im Prinzip genau das Selbe wie Toslink. Also warum wird heute so viel Wirbel um HDMI ARC gemacht?
Die (theoretischen) Vorteile von HDMI ARCIn der letzten Zeit hat sich HDMI ARC als Anschluss in (Stereo) HiFi-Geräten immer weiter verbreitet. In Multikanal-Verstärkern ist es schon länger ein Thema und hat dort auch eine größere Bedeutung. Doch die meisten Systeme in den Wohnzimmern sind Stereo, weil nur wenige Nutzer Aufwand und Kosten eines echten Multikanalsystems in Kauf nehmen. Doch auch für Stereo-Setups bietet HDMI ARC funktionale Vorteile. Theoretisch!
HDMI-Kabel, hier eine besonders günstige Version aus dem Amazon-Basics-Sortiment, können wie Thunderbolt verschiedene Protokolle übertragen, darunter auch ARC für die Tonverbindung. Nur leider gibt es damit oft Kompatibilitätsprobleme. Eines der Hauptargumente für HDMI ARC anstatt Toslink ist die Möglichkeit, den Verstärker zusammen mit dem TV mit nur einem Tastendruck ein- und ausschalten zu können. Dafür zuständig ist ein in HDMI implementiertes Protokoll namens CEC. Das steht für „Consumer Electronics Control“. Die meisten Kabel beherrschen dies zwar, aber manche ältere HDMI-Kabel eben nicht. So wie auch das ARC/eARC-Feature nicht jedes Kabel beherrscht. Hier zeigen sich schon erste Risse in der scheinbar heilen HDMI-Welt: Es muss auf Kabel-Kompatibilität geachtet werden. Bei Toslink gibt es das praktisch nicht. Jedes Toslink-Kabel ist für jeden Toslink-Anschluss geeignet. Kompatibilitätsprobleme gibt es damit auch deswegen nicht, weil keine Steuersignale mit übertragen werden, wie bei CEC, sondern ausschließlich das digitale Audiosignal.
Zurück zu CEC. Die Idee ist, dass der Nutzer nur den TV einschaltet, der dann mittels Signal über HDMI den Verstärker aufweckt und so der Ton unmittelbar über die Anlage abgespielt wird. Das setzt allerdings voraus, dass der Verstärker in Sachen HDMI-Protokoll so sauber programmiert wurde, dass ggf. auch selbstständig auf den richtigen Eingang umgeschaltet wird. Denn es kann ja sein, dass zuvor vielleicht Musik über einen anderen Eingang des Verstärkers gehört wurde. Nicht jeder Verstärker kann das problemlos. Dann muss der Eingang manuell umgestellt werden, wie auch bei Toslink. Und dazu ist die Fernbedienung des Verstärkers erforderlich.
Dank CEC kann auch die Lautstärke der Anlage über die TV-Fernbedienung geregelt werden. Super! – denken Sie. Dann könnte man die Verstärker-Fernbedienung ja in der Schublade verschwinden lassen. Aber das ist meist nur Wunschdenken, wie auch schon das eben genannte Beispiel mit der Eingangsumschaltung zeigt. Außer den Ein- und Ausschaltbefehlen und Lautstärke kann über den TV nämlich nichts an der Anlage gesteuert werden. Möchte man einfach nur Musik streamen, muss die entsprechende Fernbedienung zur Titelsteuerung doch wieder zur Hand genommen werden. (Es sei denn, man will das alles nur über eine App machen.) Jedenfalls funktioniert es in der Praxis meist nicht, die Verstärker-Fernbedienung vom Tisch verschwinden zu lassen.
Ein weiter, relativ unbedeutender Vorteil von HDMI ist, dass die Schnittstelle theoretisch höhere Auflösungen (Datenraten) bis 192 kHz Samplingrate übertragen kann, wohingegen Toslink zumindest laut seiner ursprünglichen Spezifikationen auf „nur“ 96 kHz begrenzt ist. Doch erstens schafft Toslink technisch auch 192 kHz (wobei Fernseher aber selten mehr als 48 kHz ausgeben) und zweitens hat HDMI als Schnittstelle gegenüber Toslink technische Nachteile für die Übertragungsqualität. So bietet Toslink etwa eine hundertprozentige galvanische Trennung zwischen TV und HiFi-Anlage, womit im Extremfall Brummschleifen vermieden, zumindest aber Brummanteile und Rauschen vermindert wird. Aufgrund anderer Parameter hat HDMI noch mit weiteren Beeinträchtigungen zu kämpfen, die bei Toslink gar nicht erst auftreten können. Wie gesagt, das ist eher theoretischer Natur, aber Toslink bietet prinzipbedingt für den Klang eher Vorteile. Tatsächlich bevorzugen viele anspruchsvolle Hörer (mich eingeschlossen) Toslink gegenüber HDMI ARC in den meisten Fällen.
Und hier fangen die Probleme erst anDie theoretischen Vorteile von HDMI ARC beschränken sich in der Praxis also im Wesentlichen auf eine Sache: Etwas weniger Knöpfe drücken dank CEC. Real gesehen bricht sich keiner etwas dabei ab, eine Taste mehr auf einer anderen Fernbedienung zu drücken, die sowieso immer mit auf dem Tisch liegt.
Und dann gibt es da noch eine ganze Reihe von Kompatibilitätsproblemen. Nicht jeder TV-Hersteller hält sich strikt an die vom HDMI-Konsortium vorgegebenen Kriterien zur Steuerung. Oft sind diese nicht buchstabengetreu oder auch eher „kreativ“ umgesetzt, was zu Problemen führen kann. Auch die Hersteller der Audiogeräte tun sich oft schwer damit, die Protokolle für ARC und vor allem CEC korrekt umzusetzen, was dann in der Praxis häufig zu Problemen führt.
Aus der eigenen Praxis kann ich ein Lied davon singen. Mein recht moderner Samsung TV von 2023 beherrscht laut Datenblatt zwar sämtliche heute gültigen HDMI-ARC-Features (einschließlich eARC und natürlich CEC), aber trotzdem funktioniert das mit vielen Audiogeräten, die ich regelmäßig für REWND teste, nur selten zuverlässig. Oder genauer gesagt fast nie. Entweder reagiert der Verstärker nicht auf das Signal zum Ein- oder Ausschalten, oder der Ton schaltet nicht automatisch von den TV-Lautsprechern auf die Anlage um, weil die Erkennung nicht richtig funktioniert. In vielen Fällen lag das Problem auch beim HDMI-Kabel. Obwohl alle in meinem Bestand sämtliche HDMI-Features unterstützen sollten, habe ich es oft erlebt, dass ich das Kabel gegen ein anderes ersetzen musste, damit es funktioniert.
Dazu kann es noch zu völlig unerwarteten Problemen an gänzlich anderer Stelle kommen. Ein ganz krasses Beispiel: Ich habe einen Mac mini M4 als Roon Server im Einsatz. Der ist per HDMI mit dem TV verbunden, um diesen bei Bedarf als Monitor für den Mac verwenden zu können. Das funktioniert soweit auch gut (sogar in 8K-Auflösung). Nun schließe ich zusätzlich ein Audiogerät per HDMI ARC an den entsprechend markierten Port des Fernsehers an. Damit die CEC-Features funktionieren und Ton aus der HiFi-Anlage kommt, muss ich im TV-Menü den entsprechenden Punkt für CEC aktivieren. – Logisch. Doch dann passiert Folgendes: Der Fernseher schaltet sich andauernd unverhofft von selbst an, wenn am Mac mini irgend eine Aktivität stattfindet (etwa ein Nachrichteneingang)*. Das will ich natürlich nicht, aber CEC kann am TV nicht pro Eingang aktiviert oder deaktiviert werden und bis jetzt habe ich auch keine Möglichkeit gefunden, CEC im Mac zu deaktivieren. Ergo: Die CEC-Funktion bleibt ausgeschaltet, womit auch die Tonübertragung per HDMI ARC nicht funktioniert. Lösung: Toslink anschließen und der Drops ist gelutscht.
* HDMI-CEC ist mit den folgenden Mac-Modellen mit integriertem HDMI kompatibel:
- Mac Studio mit M4 Max oder M3 Ultra von 2025
- MacBook Pro mit M4, M3 Pro, M4 Pro, M3 Max oder M4 Max von 2023 oder neuer
- Mac mini mit M4 oder M4 Pro von 2024 oder neuer
Näheres, siehe hier.Im Laufe der Jahre habe ich viele andere seltsame Verhaltensweisen der Geräte bei Nutzung von HDMI ARC erlebt. Aber vor allem aufgrund meiner (zugegeben wohl recht seltenen) Konfiguration mit einem Mac mini als Server, der per HDMI am TV angeschlossen ist, kann ich ARC für die Tonausgabe praktisch nicht sinnvoll nutzen. Davon abgesehen bringen mir die Steuerungsfunktionen über CEC keinen nennenswerten Komfort-Gewinn, dass ich darauf nicht bequem verzichten könnte.
Trigger: Der Schnittstellen-UnderdogEine Verbindung, die viel Mehr im Vordergrund stehen sollte, ist der sogenannte Trigger. Mittels eines einfachen 3,5 mm Klinkenkabels, die mit Mono- oder Stereo-Steckern konfektioniert sind, können z. B. Endstufen und andere Geräte von einem Vorverstärker, der über einen Trigger-Ausgang verfügt, gemeinsam ein- und ausgeschaltet werden.
Das funktioniert rein analog, total simpel und absolut klangneutral mit einer 3-12 Volt Spannung. Liegt die an, heißt das Einschalten, ist die Spannung weg, wird ausgeschaltet. Die Schalt-Schnittstelle ist trotz ihrer simplen analogen Natur, die an uralte Technologie erinnern mag, noch gar nicht so alt. Sie trat ungefähr Ende der Neunziger Jahre das erste Mal in Erscheinung. Also zu einer Zeit, als es auch schon digitale Verbindungen wie RS232 und USB gab. Der Anschluss wurde für Heimkino-Komponenten entwickelt, um Geräte automatisch ein-/auszuschalten.
Einer der großen Vorteile der Trigger-Schnittstelle liegt in ihrer Einfachheit. Es findet keine digitale Datenübertragung zur Kommunikation statt, es liegt keine Software zugrunde und es muss daher auch niemals etwas upgedatet werden, was wiederum zu Kompatibilitätsproblemen führen könnte. Die Schnittstelle kann praktisch nie veralten.
Im Jahr 2009 wurde der 12V-Trigger formal als "CEA-2009"-Standard durch die Consumer Technology Association definiert. Diese legte technische Spezifikationen fest (z. B. Spannungsbereich: 3–12 V DC, max. Strom 10 mA). Marken wie Denon, Marantz, Yamaha und Krell gehörten zu den ersten, die den Anschluss in Highend-Geräten implementierten. Heute sind immer mehr Geräte damit ausgestattet. Auch der oben als Beispiel angeführte Quad 3.
Fazit: HDMI ARC – Na und?Ein ganz aktuelles Beispiel dafür, dass HDMI ARC übermäßig gehypt wird, findet sich in der Pressemeldung des gestern im TechTicker vorgestellten Verstärkers Quad 3. Die Marketing-Abteilung schreibt darin:
„Ein besonderes Highlight des QUAD 3 ist der HDMI ARC-Eingang. Er ermöglicht eine einfache Verbindung zum Fernseher und macht den QUAD 3 damit zum audiophilen Zentrum moderner Wohnraumsysteme. TV- und Filmgenuss erfahren den verdienten Klang …“ Kein Wort hingegen zu Toslink, was ebenfalls an Bord ist, obwohl dieser Anschluss mit einiger Wahrscheinlichkeit zuverlässiger und unkomplizierter ist.
Mein Rat lautet hier: Wählen Sie lieber gleich den Toslink-Eingang des Verstärkers zur Verbindung mit dem TV. Das erspart Ihnen womöglich eine längere Problemsuche, schont die Nerven und klingt keinen Deut schlechter (eher besser).
Wenn Sie künftig so geschwollene Worte über die ach so tollen Eigenschaften des HDMI-ARC-Anschlusses lesen, geben Sie nichts darauf. Und vor allen Dingen fällen Sie Ihre Entscheidung für oder gegen ein bestimmtes Audiogerät nicht aufgrund der An- oder Abwesenheit eines HDMI-ARC-Anschlusses. Ob der da ist oder nicht, ist weitgehend unerheblich. Aber Toslink sollte auf jeden Fall an Bord sein, wenn das Gerät über digitale Eingänge verfügt. Das geht immer als Ton-Aufwertung für den Fernseher.