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Vor 40 Jahren: Bill Gates' legendärer Brief an Apple – "Macintosh muss offener Standard für alle werden"

Die einst so scharfe Rivalität zwischen Apple und Microsoft ist weitestgehend verblasst und längst sind viel eher Samsung und Google Apples am häufigsten genannte direkte Konkurrenten. In den 80er und 90er Jahren sah dies allerdings noch ganz anders aus. Es herrschten nicht nur Glaubenskriege zwischen den Nutzern, sondern auch juristische Auseinandersetzungen. Apple beschuldigte Microsoft, schonungslos beim Macintosh abgekupfert zu haben und forderte als Schadensersatz umgerechnet fast 5 Milliarden Dollar - Anfang der 90er Jahre eine gigantische Summe für Apple. Bekanntlich unterlag Apple aber vor Gericht und es gab endgültig keinen ernsthaften Gegner für Microsoft Windows mehr - zumindest von den Marktanteilen her gesehen.


Gates war begeistert vom Mac
Dass Apple den "Desktop War" so eindeutig verlor, Windows das alles dominierende System wurde und Apple in den 90ern sogar nicht mehr weit von der Pleite entfernt war, hätte durchaus anders kommen können. Microsofts Mitgründer Bill Gates galt von Anfang an als großer Fan des Macintosh und war fasziniert von den Möglichkeiten, die Apples grafische Benutzeroberfläche bot. Vor genau 40 Jahren schrieb Bill Gates daher einen historischen Brief an den damaligen CEO John Sculley und warb dafür, Macintosh-Technologie zu lizenzieren.


Bill Gates Vorschläge
Im Brief heißt es sinngemäß: "Apple muss den Macintosh zum Standard machen. Allerdings kann kein Computerunternehmen, nicht einmal IBM, einen Standard ohne Unterstützung von Partnern durchsetzen. Obwohl Apple dies sicherlich bewusst ist, gelang es bislang nicht, genau diese Unterstützung von unabhängigen Seiten sicherzustellen." Bill Gates' Lösungsvorschlag: Zunächst sollten einige wenige Unternehmen eine Lizenz erhalten, Macintosh-Technologie zu verwenden, unter anderem Motorola, AT&T, Texas Instruments, Hewlett Packard und Xerox. Auf diese Weise würden erheblich mehr Computer mit Apples System laufen und einen viel größeren Kundenkreis ansprechen.

Von der IBM-Welt lernen
Mit Lizenzen und Offenheit ginge aber noch ein ganz anderer Vorteil einher, so Gates. Defizite der IBM-Architektur werden dadurch eliminiert, da es von zahlreichen Herstellern Zubehör gebe, unter anderem in Form von Erweiterungskarten oder der Möglichkeit, eigene Computerkonzepte zu entwickeln. Die abgeschottete Macintosh-Plattform unterbinde dies jedoch, denn das Risiko falle zu groß, der Markt jedoch zu klein aus.


Apples Technologie - Zeug zum Marktführer
Apples innovative Technologien haben laut Gates das Zeug dazu, den Markt anzuführen und zum Standard zu werden. Dazu müsse Apple die Plattform aber öffnen und sich die große Dynamik des Marktes zunutze machen. Nur größere Vielfalt sowie Konkurrenz innerhalb der "Mac-Kompatiblen" sorge für Vertrauen in Unternehmen, da auf diese Weise Wahlfreiheit herrsche und man nicht in einer Plattform eingesperrt sei. Auch die zusätzliche Marketingmacht durch weitere Unternehmen sei nicht zu unterschätzen.


Apples Reaktion
Die Reaktion auf den Brief ist bekannt. Apple lehnte die Vorschläge von Bill Gates ab und wollte die Plattform nicht öffnen. Erst ein Jahrzehnt später erfolgte der Versuch, über die sogenannten "Clones" Marktanteile zu gewinnen, indem andere Hersteller Lizenzen für Mac OS erhielten. Zu dieser Zeit war es aber schon viel zu spät, Windows die alles dominierende Macht - und das Clone-Geschäft ein schlecht umgesetzter, gewaltiger finanzieller Fehlschlag für Apple, denn die eigenen Verkaufszahlen gingen stark zurück. Spannend bleibt das Gedankenspiel, ob Apple wohl heute in der Computerbranche den Stellenwert von Microsoft hätte, wäre man im Juni 1985 Gates' Vorschlägen nachgekommen und hätte die eigene Architektur möglicherweise zum Industriestandard gemacht.

Kommentare

Der echte Zerwi23.06.25 15:17
Ich denke, dass die Mac-Plattform dann zwar den Markt dominiert hätte, aber Apple selbst immer weniger Macs verkauft hätte. Apple selbst hätte die Öffnung wohl nicht geholfen. Ob Apple dann wohl bis in die 2000er überlebt hätte?
Die heutige geschlossene Plattform kann jedoch auch nur überleben, weil Apple das Produktportfolio deutlich erweitert hat mit iPhone, iPads und Services.
+4
Retrax23.06.25 15:31
...und heute?

Apple öffnet Technik da wo es Sinn macht.

- z.B. lässt sich die AirPlay Technologie lizenzieren.

Natürlich könnte Apple noch viel mehr / oder viel weniger öffnen.

Es ist für Apple ein Balanceakt was man macht und was nicht im Haifischbecken "Wirtschaft".
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Mankey
Mankey23.06.25 15:36
Retrax
...und heute?

Apple öffnet Technik da wo es Sinn macht.

- z.B. lässt sich die AirPlay Technologie lizenzieren.


Soweit ich weiß, können nur Apple Geräte AirPlay senden!
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Fontelster
Fontelster23.06.25 16:24
+2
Kehrblech23.06.25 17:45
Für Jobs und Apple stand von Anfang an fest, dass Soft- und Hardware aus einer Hand kommen müssen. Deshalb war Lizenzierung nie eine Option. Und heute ist es genau die Kombination aus Soft- und Hardware, die die M-Computer so sehr von allen anderen Rechnern unterscheidet.
+2
gfhfkgfhfk23.06.25 17:50
Der echte Zerwi
Ich denke, dass die Mac-Plattform dann zwar den Markt dominiert hätte, aber Apple selbst immer weniger Macs verkauft hätte. Apple selbst hätte die Öffnung wohl nicht geholfen.
Microsoft verkaufte die meiste Zeit auch nur Software, und wurde damit sehr groß. Das Problem was ich sehe ist technischer Natur. Das klassische Macintosh System war in ObjectPascal (es ist damit nicht die Borland Variante gemeint) geschrieben, das machte das System extrem starr und unflexibel. Das GUI war toll, der Unterbau war extrem schlecht. Man konnte früher nur ein Programm laufen lassen, und musste dieses beenden bevor ein weiteres starten konnte. Erst mit System 6 und dem Multifinder konnte man parallel mehrere Programme landen und dazwischen umschalten. Aber kein Programm konnte im Hintergrund laufen. Was später auch die Notwendigkeit aufwarf NeXT zu übernehmen, da sich das alte OS nicht mehr modernisieren ließ.
+1
gfhfkgfhfk23.06.25 17:51
Kehrblech
Für Jobs und Apple stand von Anfang an fest, dass Soft- und Hardware aus einer Hand kommen müssen.
Deshalb hat Jobs bei NeXT den Verkauf der eigenen Hardware gestoppt?
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CHL
CHL23.06.25 19:01
Apple hätte die Business-Welt erobern können. X-Serve und OSX-Server waren die Ansätze. Beides leider gescheitert... schade. Aber ohne Server-Lösungen ist der beste Client eben doch nur ein Arbeitsgerät für einen kleineren Kreis. Dabei wären alle Elemente zur zentralen Verwaltung ja in OSX vorhanden und der Mac könnte einen großen Kundenkreis haben und es hätten sich mehr Software-Hersteller auch auf den Mac konzentriert. Aktuell gibts aber leider viele wesentliche Anwendungen nur für Windows-Umgebungen. Das wieder aufzuholen wird schwer. Aber Apple will halt viele kleine Privatkunden die laufend ein paar Euro für Apps in die Kasse spülen und unbedingt das nächste, "beste Produkt ever" kaufen wollen. Die Rechnung geht in Summe wohl auf...
+2
Weia
Weia24.06.25 03:00
Kehrblech
Und heute ist es genau die Kombination aus Soft- und Hardware, die die M-Computer so sehr von allen anderen Rechnern unterscheidet.
Das kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Es ist sicherlich richtig, dass man sowohl Software als auch Hardware von Apple anmerkt, dass sie von einem Unternehmen kommt, das allergrößten Wert auf Design (im ästhetischen wie technischen Sinne) legt.

Aber macOS würde praktisch nichts von seiner Qualität verlieren, wenn es auf Drittanbieter-Hardware laufen würde, und bei Macs ist das ja gar kein Konjunktiv – manche Nutzer von Macs nutzen die wegen ihrer ureigenen Qualitäten, lassen aber Linux darauf laufen.
“I don’t care” is such an easy lie. (The Warning, “Satisfied”)
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