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Razzia gegen Abzock-Anwalt: 346.000 Euro mit unberechtigten "Google Fonts"-Abmahnung eingenommen

Der Betrieb einer eigenen Webseite, unabhängig davon ob privat oder geschäftlich, gleicht einem Minenfeld, da eine Menge von Gesetzen zu beachten gilt. Beispielsweise muss das Impressum bestimmte Angaben beinhalten und auch auf eine umfassende Datenschutzerklärung darf nicht verzichtet werden. Ansonsten droht unter anderem eine Abmahnung, wenn in der Datenschutzerklärung Angaben fehlen.


Hintergrund zu Google Fonts
Das Landgericht München fällte im Januar 2022 ein Urteil, dass der Einsatz von Google Fonts ohne Zustimmung des Nutzers nicht rechtens ist. Bei Google Fonts handelt es sich um eine große Sammlung von Schriftarten, welche sich frei auf Webseiten nutzen und einbinden lassen – entweder auf dem eigenen Server oder auch direkt von den Google-Servern aus. In der Begründung ist zu lesen, dass Google bekanntermaßen viele Daten über Nutzer sammelt und die Übermittlung von persönlichen Informationen (zu welcher auch die IP-Adresse zählt) zum Suchmaschinengiganten demnach die Zustimmung des Nutzers erfordert. Dies geschieht, wenn man Google Fonts direkt von den Google-Servern aus einbindet, da der Webbrowser des Nutzers eine Anfrage bei Google stellt – und so Informationen übermittelt.

Abmahnanwalt sieht "Marktlücke"
Der bekannte, 53 Jahre alte Abmahnanwalt Kilian Lenard sah hier wohl offensichtlich eine Gelegenheit und schickte Abmahnungen an Betreiber von Webseiten, welche Google Fonts ohne die Zustimmung des Besuchers einbinden. Dabei ging Lenard sehr geschickt vor und wählte bewusst eine sehr niedrige Forderung: 170 Euro sollte der Abgemahnte zahlen, um Lenard von einer Klage abzuhalten. Bei diesem Betrag zahlten viele Empfänger, um weiterem Ärger aus dem Weg zu gehen. Auch das Einschalten eines eigenen Anwaltes lohnt sich bei einer solch geringen Forderung meist nicht.

346.000 Euro eingenommen – Staatsanwaltschaft führt Razzia durch
Laut des Tagesspiegels zahlten 2.418 die Forderung des Anwaltes – und bescherten der Kanzlei so einen Umsatz von 346.000 Euro innerhalb kurzer Zeit. Doch rund 420 Personen erstatteten aufgrund der Abmahnung Anzeige – und die Staatsanwaltschaft wurde nun tätig und führte eine Razzia bei der Berliner Kanzlei durch. Hier wurden unter anderem Datenträger und Unterlagen beschlagnahmt, aber auch das eingenommene Geld aus den verschickten Abmahnungen. "Gewerbsmäßiger Betrug" sowie "Erpressung" lauteten die Vorwürfe, weswegen man zu diesen drastischen Forderungen schritt

Grund: Kein Geschädigter
Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft begründen sich allerdings nicht auf die datenschutzrechtliche Unbedenklichkeit von Google Fonts, sondern da kein Geschädigter vorhanden ist. Anwalt Lenard verwendete zusammen mit einem Mandaten ein Tool, welches im Internet gezielt nach Webseiten mit Google-Fonts-Einbindung suchte – und die Betreiber mahnte der Anwalt daraufhin ab. Die Staatsanwaltschaft ist der Auffassung, dass durch die gezielte Suche nach diesen Webseiten und dem anschließenden Besuch dieser bereits der Nutzung von Google Fonts zugestimmt wurde – und die Abmahnungen daher unbegründet sind. Dabei täuschte der Anwalt wohl vor, dass eine andere Person die Webseite besucht habe, welche sich nicht über die Einbindung von Google Fonts bewusst war.

Betroffen? Nicht zahlen.
Sollte man als Betreiber bereits eine derartige Abmahnung erhalten haben, raten Verbraucherschützer und Wirtschaftsverbände, diese nicht zu bezahlen. Da aktuell die Rechtslage unklar ist, sollte man Schriftarten selbst auf dem eigenen Server hosten, anstatt diese direkt von den Google-Servern einzubinden.

Kommentare

Bernd
Bernd22.12.22 08:46
Sehr gut!!!
+11
Christoph_M
Christoph_M22.12.22 08:46
Was für ein Arschloch...
+21
EThie22.12.22 08:50
Das erinnert mich an die Anfänge des Internet, als ein damals sehr bekannter Winkeladvokat pseudoadligen Namens diese Masche auch überzogen hat.
+14
TerenceHill
TerenceHill22.12.22 08:51
Abmahnanwälte sind miese Ratten.
+19
Phil Philipp
Phil Philipp22.12.22 09:13
Sehr cool - endlich mal wieder ein Sieg für das Gute.

Besonders klasse finde ich, wie schnell das ging. Hatte neulich erst noch hektische Diskussionen mit einem IT-Typie wegen meiner privaten Mini-Seite und wollte mich eigentlich jetzt die Tage endlich mal dringend ransetzen und das fixen.
+4
Kronar (back)22.12.22 09:29
EThie
Das erinnert mich an die Anfänge des Internet, als ein damals sehr bekannter Winkeladvokat pseudoadligen Namens diese Masche auch überzogen hat.
Ja, der Herr von G., der Schrecken aller C64/Amiga Besitzer in den 80/90er...
+5
marco2122.12.22 09:30
Was kommt als Nächstes? Wird man vielleicht irgendwann abgemahnt, wenn man die selbe Hintergrundfarbe für die Webseite benutzt hat. Oh Leute....
Zum Urteil: TOP!
0
zinne
zinne22.12.22 09:45
Auch zu beachten ist, dass dieser Mensch natürlich gleich Nachahmer gefunden hat. Zum Beispiel hier in Österreich, dasselbe in Grün: zwielichtiger Anwalt, zwielichtige Mandantin, usw.
Ich habe auch so eine Abmahnung bekommen. Zwar war mir recht schnell klar, dass das mithilfe von Bots und Scraping angefertigt worden sein muss (Screenshots von der Webseite mit geöffneter Chrome Konsole) und sich deshalb nicht „echt“ anfühlte, aber als unerfahrener kann man da schon mal schlucken und sich denken: gut zahle ich halt die 190€ (das war die geforderte Summe vom österreichischen Anwalt)
Ich habe dann vorsorglich Google Fonts ausgebaut, das Schreiben ignoriert und ein bisschen gegoogelt… Diesem Typ geht es jetzt auch an den Kragen.
+10
turbod22.12.22 09:53
Da hilft auch die Entziehung der Zulassung.
+9
Solaris
Solaris22.12.22 09:53
Kronar (back)
EThie
Das erinnert mich an die Anfänge des Internet, als ein damals sehr bekannter Winkeladvokat pseudoadligen Namens diese Masche auch überzogen hat.
Ja, der Herr von G., der Schrecken aller C64/Amiga Besitzer in den 80/90er...

Stimmt, den kannten wir gut. Der hatte sich doch am Schluss auch mit der Berliner taz angelegt.

Und wenn er nicht ge... Oha.
+1
trw
trw22.12.22 10:35
marco21
Was kommt als Nächstes? ... Oh Leute....

... vor einigen Jahren wurden Zahnärzte und Kieferorthopäden von einer "Kollegin" abgemahnt, wenn z.B. auf deren Homepage ein grüner Apfel zu sehen war.
Die Kollegin hatte sich den schützen lassen!
(wenn überhaupt, dann hätte ich den blend-a-dent zugesprochen ... die hatten sich das "Obst" damals aber wohl nicht schützen lassen)
+2
kackbratze
kackbratze22.12.22 10:40
Das Geld liegt auf der Strasse sagt doch eine Redewendung. Wie einfach man doch zu Geld kommen kann, egal was es kostet, hier wird klar mit alen Mitteln gearbeitet aus Scheisse Gold zu machen. Moralvorstellungen gehören schon lang der Vergangenheit an und ich erinnere mich gerne an diese Vergangenheit und den Umgang von Menschen untereinander. Nicht alles musste mit barer Münze bezahlt werden, es reichte auch schon ein einfaches Dankeschön und das wissen, dass man auf die Hilfe des Gegenüber zählen kann, wenn man diese braucht. Diese Zeit zeigt uns auf, was die Spirale, in der wir uns bewegen, an Geschwindigeit zunimmt und sich auch nicht mehr auflösen lässt. Alles wird irgendwann im kompletten Chaos enden, wo sich niemand mehr vertraut und Alle sich jede Leistung bezahlen lassen. Schon klar, niemand hat etwas zu verschenken, aber den Unterschied zwischen Gefallen und Dienstleistung sollte man bei der Bewertung nicht verlieren.
Ich habe keine besondere Begabung, sondern bin nur leidenschaftlich neugierig. Einstein
+2
MrChad22.12.22 10:44
marco21
Zum Urteil: TOP!
kein Urteil.
nur Hausdurchsuchung wegen ..
+2
penumbra22.12.22 11:03
Ehrlich gesagt wundert es mich, dass nur so "wenig" Geld eingenommen wurde. Bei dem Gefahrenpotential, erwischt und verklagt zu werden, wäre ich das Risiko für die paar Kröten nicht eingegangen
enjoy life in full trains
+2
doescher
doescher22.12.22 11:03
Ich habe irgendwo gelesen, dass in anderen Ländern ein User sich direkt an eine Bundesstelle melden kann, wenn er Verstöße gegen Datenschutz o.ä. auf eine Website findet. Diese Behörde – und nur diese – mahnt dann den Sitebetreiber ab. Somit wird dieser elenden Abmahnindustrie die Grundlage entzogen und Verstöße trotzdem geahndet.
Aber dazu braucht es politischen Willen und kein Einknicken vor den Lobbygruppen...
+7
Marcel_75@work
Marcel_75@work22.12.22 11:14
Was mich ein wenig stutzig macht: Das Strafmaß (346.000 Euro) entspricht fast exakt der Höhe des illegal eingetriebenen Geldes.

Hier die originale Pressemitteilung:

Ich zitiere mal:

420 Anzeigen von „Abgemahnten“, die letztlich nicht gezahlt haben, liegen der Staatsanwaltschaft Berlin inzwischen vor. Aus der Auswertung der Kontounterlagen der Beschuldigten ergibt sich indes, dass etwa weitere 2.000 Personen das „Vergleichsangebot“ aus Sorge vor einem Zivilverfahren und in der unzutreffenden Annahme, der behauptete Anspruch bestünde tatsächlich, angenommen und gezahlt haben.

2000 * 170,- € = 340.000 Euro

Aus meiner Sicht ist das ein viel zu mildes Urteil, denn das hieße ja, dass die eigentliche "Strafe" lediglich 6.000,- € beträgt.

Ob das die richtige Signalwirkung hat? Das wage ich zu bezweifeln.
-1
trw
trw22.12.22 11:17
penumbra
Ehrlich gesagt wundert es mich, dass nur so "wenig" Geld eingenommen wurde.
Ich hätte da auch fast eher mit "Millionenbeträgen" gerechnet ....

Für die "paar" Kröten so ein Aufwand und nun auch noch selber deswegen Ärger ( und "ruinierter" Ruf noch dazu)? ... ob sich das dann alles so "gelohnt" hat?
0
ideal22.12.22 11:31
Sammelklage gegen diesen Anwalt, und Zulassung entziehen. Vielleicht auch mal Klingeln und zur Rede stellen. Man muss ja nicht alles mitmachen, was irgendeinem Ar. einfällt ?
Ich hab mir mal den Schriftverkehr zweier Anwälte angesehen in diesem Umfeld der Abmahnungen und mir fiel auf, wie welcher A.-kriecherei die sich gegenseitig hofieren, wie im Mittelalter. Nichts gegen formelhaften Schriftverkehr, aber es muss auf Augenhöhe stattfinden.
+1
Bitsurfer22.12.22 11:41
In der Schweiz kann sowas nicht passieren. Da geht der Kläger erstmal in Vorleistung. Und der Kläger ist der Eigentümer. Sicher nicht irgendein Anwalt.
+3
awk22.12.22 11:48
Phil Philipp
Sehr cool - endlich mal wieder ein Sieg für das Gute.

Das ist zunächst nur eine Aktion der Staatsanwaltschaft. Der folgt noch der Prozess. Erst dann weiss man wer gewinnt.

Immerhin, Juristen gehen gegen Juristen vor. Für die gilt auch, keine Krähe hackt der anderen ein Auge aus.
-5
flosama22.12.22 12:42
Bitsurfer
In der Schweiz kann sowas nicht passieren. Da geht der Kläger erstmal in Vorleistung. Und der Kläger ist der Eigentümer. Sicher nicht irgendein Anwalt.
Sachverhalt verstanden?
+2
Bitsurfer22.12.22 15:44
flosama
Bitsurfer
In der Schweiz kann sowas nicht passieren. Da geht der Kläger erstmal in Vorleistung. Und der Kläger ist der Eigentümer. Sicher nicht irgendein Anwalt.
Sachverhalt verstanden?
Ja, hab ich.
Schweiz:
Ein bedeutender Unterschied zur Abmahnung in Deutschland und Österreich ist, dass die Anwaltskosten der Abmahnung außergerichtlich nicht auf den Abgemahnten überwälzt werden können. Somit hat in der Schweiz der Abmahnende die entstehenden Kosten einer Abmahnung selbst zu tragen.

Quelle:
https://de.wikipedia.org/wiki/Abmahnung
Situation in der Schweiz
+5
piik
piik22.12.22 17:03
Ich laste dieses Verhalten nicht nur dem Anwalt an, sondern auch unserem Gesetzgeber, der so eine grobe Unfairness wie kostenpflichtige Abmahnungen ohne vorherige Aufforderung zur Abstellung von Missständen nicht rigoros unterbindet, indem die Möglichkeit solcher Abmahnung schlicht gestrichen wird.
Das System ist generell eine Geldbeschaffungs- bzw. Abzockeinrichtung für Anwälte, die nichts Sinnvolles zu tun oder zu wenig richtige Aufträge haben - und es gehört dringend und schon lange abgeschafft.
+7
teorema67
teorema6722.12.22 21:34
Christoph_M
Was für ein Arschloch...

Warum nur kann/will der Gesetzgeber den Abmahnern in DE nicht das Handwerk legen, obwohl das in CH und AU offenbar möglich ist.

piik: Genau 👍
Wenn ich groß bin, geh ich auch auf die Büffel-Universität! (Ralph Wiggum)
0
awk22.12.22 22:23
teorema67

Warum nur kann/will der Gesetzgeber den Abmahnern in DE nicht das Handwerk legen ...

Weil im Bundestag viele Juristen sitzen.
+1
wolfgag
wolfgag22.12.22 23:04
Hoffentlich verliert er im Zuge des Verfahrens auch gleich seine Zulassung als Anwalt.
Ich hasse dieses Abmahngesocks.
+1
cps23.12.22 15:39
TerenceHill
Abmahnanwälte sind miese Ratten.

Krasse Formulierung, wobei ich noch am überlegen bin, was ich übler finde: die Wortwahl, die Anzahl der Daumen, die einen Beitrag als hilfreich kennzeichnen sollen oder dass sich bisher noch niemand an dem Beitrag gestört hat.
-2
cps23.12.22 15:49
piik
Ich laste dieses Verhalten nicht nur dem Anwalt an, sondern auch unserem Gesetzgeber, der so eine grobe Unfairness wie kostenpflichtige Abmahnungen ohne vorherige Aufforderung zur Abstellung von Missständen nicht rigoros unterbindet, indem die Möglichkeit solcher Abmahnung schlicht gestrichen wird.

Genau dazu sind Abmahnungen gedacht. Die sollen außergerichtlich rechtswidriges Verhalten abstellen und dabei Kosten minimieren, die bei einer gerichtlichen Klage entstehen.
+1
alphabeta
alphabeta24.12.22 23:47
Den Namen Günter Werner Freiherr von Gravenreuth darf man ruhig aussprechen - zum einen heisst/hiess er ja so (und nicht Jehova) und zum anderen wurde er unter diesem Namen wegen Urkundenfälschung und vollendeten Betrugs verurteilt. Die Haftstrafe antreten wollte er aber nicht - in dessen Folge würde eine entsprechende Abmahnung des Forums in ein 2. Ostern münden...
Dummheit ist der treueste Verbündete der Evolution.
+2
ideal25.12.22 11:20
an radwar erinnere ich mich gerne:
Die Mitglieder der Cracker-Gruppe Radwar, die auf dem Heimcomputer Commodore C64 aktiv waren, wurden Mitte der 1980er Jahre von Gravenreuth verfolgt. Durch Einladungen von Gravenreuth auf Partys der Crackergruppe entwickelte sich in der Folgezeit eine Art Hassliebe zwischen den Softwarepiraten und dem Anwalt. (Günter Werner Freiherr von Gravenreuth)
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