Radikaler Kulturbruch bei Intel: Rückzug als Fertiger, hin zum reinen Chip-Designer?


Intel kommt nicht zur Ruhe und obwohl bereits seit geraumer Zeit ein radikaler Verschlankungskurs des Unternehmens stattfindet, sehen die Daten nicht sonderlich rosig aus. Bei der Bekanntgabe der Quartalszahlen musste Intel gestern einen Verlust in Höhe von 2,9 Milliarden Dollar
verkünden, was sogar 1,3 Milliarden höher als vor einem Jahr war. Allerdings blieb zumindest der Umsatz gleich, Intel begründete die Ergebnisse mit sehr hohen Kosten für den Konzernumbau. Dieser ist aber alles andere als abgeschlossen – und gemäß Ankündigung des neuen CEOs Lip-Bu Tan wird die Neuaufstellung noch weitreichender als bislang verfolgt.
50 Prozent Marge als MindestvoraussetzungIn Zukunft soll eine simple Formel gelten, wenn es um neue Projekte geht: Was nicht 50 Prozent Gewinnmarge erzielen kann, wird nicht genehmigt. Schon der vorherige Intel-CEO hatte zu schwache Margen als Problem bezeichnet, Lip-Bu Tan will nun konsequent alle weiteren Entscheidungen von besagter Schwelle abhängig machen. Man habe viel zu viel gebaut und investiert, ohne dass es überhaupt ausreichend Nachfrage und Auslastung dafür gab, so seine Erklärung.
Magdeburg wird definitiv nicht gebautDamit sei fortan Schluss, was gleichzeitig Konsequenzen für Fertigungswerke habe. Nachdem seit letztem Herbst bereits weitgehend klar war, dass die Anlage in Magdeburg wohl nicht entsteht, folgte nun das endgültige Aus. Neue Projekte in Deutschland und Polen streicht Intel, denn zunächst müsse man bestehende Kapazitäten optimieren. Ende des Jahres will Intel zudem nur noch 75.000 Mitarbeiter beschäftigen, aktuell sind es etwas mehr als 94.000. Mit der jüngsten Entlassungswelle im Bereich Fertigung und Entwicklung ist es also nicht getan.
Wahrscheinlich: Scheitert 14A, zieht sich Intel aus der Fertigung zurückBestehende Projekte, damit gemeint sind unter anderem die Intel Foundries zur Auftragsfertigung, allerdings auch die Produktion eigener Chips, müssen bald ihre Rentabilität beweisen, andernfalls behalte sich das Unternehmen die vollständige Stilllegung vor. Intels Fertigungsprozess 14A ist die letzte Möglichkeit, das Ruder herumzureißen – gelingt das nicht, könnte sich Intel aus der Entwicklung neuer Verfahren zurückziehen. Wie es jetzt aber schon heißt: Die Chancen auf durchschlagende Erfolge schätzt man nach dem Scheitern von 18A wohl nicht als besonders hoch ein.
Kulturbruch nach Jahrzehnten: Reiner Entwickler?Intel wäre dann nur noch Halbleiter-Entwickler für eigene Produkte, möglicherweise jedoch ohne eigene Werke. Stattdessen würde man TSMC, Samsung oder andere Foundries mit der Produktion beauftragen müssen, sich fortan lediglich auf die Entwicklung von Chip-Designs konzentrieren. Eine solche Entscheidung wäre ein radikaler Kulturbruch, denn Intel war jahrzehntelang der Inbegriff von vertikaler Integration: Design und Fertigung aus einer Hand. Allerdings gibt es schon länger Forderungen, Intel müsse "fabless" werden, so wie beispielsweise AMD und Nvidia – das alte Businessmodell sei nicht mehr zeitgemäß.