

Eine der größten Innovationen, welche elektronische Textverarbeitung mitbrachte, stellt der Befehl „Widerrufen (
+Z)“ dar. Dank ihm werden kleine und große Flüchtigkeitsfehler zeit- und papierneutral ausradiert – ein großer Vorsprung im Vergleich zu Schreibmaschinen. Wenn der Fehler einige Minuten oder Tage in der Vergangenheit liegt oder komplexer Form ist, genügt das schrittweise Zurücksetzen nicht mehr. Dafür hat Apple bereits vor 14 Jahren vorgesorgt und eine systemweite Versionierung in macOS integriert. In letzter Zeit trat diese etwas in den Hintergrund, doch leistet sie in vielen essenziellen Programmen essenzielle Dienste. Wer sie einmal kennt, will die macOS-Versionierung nicht mehr missen.
Pages, Numbers, Keynote und TextEdit bieten allesamt den Befehl „Zurücksetzen auf“ im Ablage-Menü an, sobald ein Dokument geöffnet ist. Wurde es mindestens einmal gespeichert, lässt sich im Untermenü der Eintrag „Alle Versionen durchsuchen“ auswählen. In einigen Fällen erscheint darüber noch ein weiterer prominenter Speicherstand, etwa der letzte Zeitpunkt, an dem dieses Dokument geöffnet war.
Das Untermenü „Zurücksetzen auf“ ebnet den Weg in die Versionsverwaltung.
Beim Klick auf „Alle Versionen durchsuchen“ wechselt das Programm in eine bildschirmfüllende Ansicht ähnlich der von Time Machine: Links bleibt das geöffnete Dokument in seiner aktuellen Form geöffnet, während rechts eine durchblätterbare Ansicht bisheriger Dokumentenzustände erscheint. Je öfter man im Dokument auf „Sichern (
+S)“ gedrückt hat, desto mehr Einträge erscheinen auf der rechten Seite. Mit den Pfeil-Buttons kann man zwischen den Dateizuständen wechseln – alternativ gibt es am rechten Bildschirmrand noch den Zeitstrahl, um ein Datum zielgenau anzusteuern.
Die Versionen-Ansicht ähnelt stark der von Time Machine.
Aus alt mach neuIm einfachsten Fall finden Sie mithilfe der Zeitleiste den Zustand, welchen Sie wiederherstellen wollen, und klicken auf „Wiederherstellen“. Anders als bei Time Machine fragt der Mac nicht nach – der alte Dateizustand wird ersetzt. Darum sollten Sie das Dokument speichern, bevor Sie den Wiederherstellen-Modus aufrufen. Auf diese Weise können Sie ebenfalls rekonstruieren, was zwischen alter und wiederhergestellter Version passierte: Alle gespeicherten Zustände reihen sich allesamt als Versionen des Dokuments hintereinander. Apples
Support-Dokument verrät eine versteckte Option: Bei gedrückter Opt-Taste verändert sich der Wiederherstellen-Button in „Eine Kopie wiederherstellen“. Klickt man auf diesen, bleibt der bestehende Zustand der Datei erhalten, und die frühere Variante wird als zusätzliche Datei abgelegt. Über die Menüleiste unterbinden Sie die Dokumentation peinlicher Zwischenstände, indem Sie „Diese Version löschen“ im Ablage-Menü auswählen.
Gezieltes KopierenDie Versionsvorschau beschränkt sich nicht auf das Wiederherstellen eines Dokuments. Tatsächlich offeriert der Modus vollständige Bearbeitungsfenster, inklusive Formatierungs- und Auswahlwerkzeuge. Sogar die Rechtschreibkontrolle funktioniert innerhalb der Versionsfenster. Sie können in den Dokumenten scrollen und Bereiche markieren. Dies ist in vielen Fällen auch der beste Weg, mit ungewollten Änderungen umzugehen: Markieren Sie eine gelöschte Passage und wählen Sie „Kopieren (
+C)“ aus dem Bearbeiten-Menü. Anschließend verlassen Sie durch einen Klick auf „Fertig“ die Versionsbetrachtung, ohne das Dokument zu ändern. Nun fügen Sie die verschollene Passage an der Stelle ein, in der sie erforderlich ist. Mittels „Speichern“ legen Sie eine neue Version an.
Die Fenster, welche in der Versionsansicht im Vordergrund sind, verfügen über die vollen Werkzeuge des jeweiligen Programms – optimale Bedingungen, um Inhalte aus vorherigen Versionen in die Gegenwart zu kopieren.
Versionen vs. Time MachineDamit macOS Versionen eines Dokuments anlegt, muss der Mac nicht einmal ein aktives Time-Machine-Backup anlegen. In einem Blog-Beitrag erklärt Howard Oakley die Hintergründe der
macOS-Versionierung: Sofern ein Mac-Programm Versionierung unterstützt – und das ist bei dokumentbasierten Programmen auf Grundlage des AppKit-Frameworks meistens der Fall – legt macOS automatisch Versionen der einzelnen Speicherzustände an. Diese liegen gemäß Oakley im unsichtbaren Ordner „.DocumentRevisions-V100“ auf dem jeweiligen Volume. Der ist gut versteckt: Um ihn im Finder überhaupt zu sehen, mussten wir zunächst im Festplattendienstprogramm „Macintosh HD – Data“ auswählen, über das Kontextmenü „Im Finder anzeigen“ anklicken und dann mittels
+. (Punkt) die Anzeige versteckter Elemente aktivieren. In den Ordner hineinblicken durften wir nicht – das übernimmt die macOS-Versionsverwaltung.
macOS sichert Dokumentversionen für jedes Volume in einem versteckten Ordner.
Versionen verschwinden beim Volume-WechselDer Ablageort der Versionsdatenbank weist bereits darauf hin, was passiert, wenn eine Datei auf ein anderes Laufwerk umgelagert wird: Sämtliche gespeicherten Versionen verschwinden in diesem Fall. So sind beim Versand einer TextEdit-Datei also keinesfalls alle Zwischenstände rekonstruierbar. Das Gleiche gilt beim Wiederherstellen eines Dokuments aus einem Time-Machine-Backup: Auf Time Machine landen stündlich Dateiversionen ohne gekoppelte Versionshistorie. Stellt man ein Dokument aus einem solchen Backup wieder her und ersetzt damit eine neuere Kopie, verschwinden dabei sämtliche auf dem Volume gespeicherten Versionen.
Alternative BetrachtungsformenManche Programme unterstützen macOS-Versionierung, ohne dass sie dies im Ablage-Menü anbieten. Prominentestes Beispiel ist Apples eigene Entwicklungsumgebung Xcode, deren Zwischenstände allesamt in der Versionsdatenbank landen, ohne eine Möglichkeit zum Betrachten oder Wiederherstellen zu offerieren. Aber auch anderen Programmen, etwa BBedit, fehlt der Menübefehl. Für diese Zwecke hat Oakley eigenhändig kostenlose Abhilfe programmiert, namentlich
Versatility, Revisionist sowie DeepTools.