Google-CEO Pichai: Die Zukunft von Suche, KI-Diensten – und Chrome


Als OpenAI vor rund zweieinhalb Jahren ChatGPT auf den Markt brachte, soll Google-intern ziemliche Panik geherrscht haben. Obwohl Large Language Models vom Grundkonzept her eigentlich nicht für präzise Wissenswiedergabe konzipiert sind, sah man die unmittelbare Gefahr, aufgrund der Kommunikationsfähigkeit von Chatbots schnell Marktanteile zu verlieren. Genau das sollte auch passieren, denn die klassische Suchmaschine
verlor tatsächlich rasch an Relevanz. Längst ist Google aber auf den KI-Zug aufgesprungen und investierte enorme Energie in Gemini (zuvor: Bard). Kaum jemand würde momentan noch sagen, dass Google den Anschluss verpasst hat, zumal KI-Zusammenfassungen integraler Bestandteil der Google-Suche wurden.
Smartphones und Notebooks als "veraltete Plattformen"?In einem
Interview äußert sich Google-CEO Sundar Pichai dazu, wie er den Markt momentan einschätzt und wie es seiner Ansicht nach weitergeht. Er geht unter anderem auf die Ansicht des ehemaligen Apple-Designchefs Jony Ives ein, wonach Smartphones und Notebooks zu "veralteten Technologien" würden. Pichai sieht das ähnlich, denn bisherige Hardware-Plattformen leisten zwar momentan gute Dienste, dennoch wandere aufgrund der KI-Revolution mehr ins Web – und auf lange Sicht hin wohl in "Smart Glasses", die auf intuitive Weise stets die gewünschten Informationen direkt ins Sichtfeld bringen. Bis es so weit sei, vergehe noch einige Zeit, doch Pichai geht von genau solchen Entwicklungen aus.
Pichais Keynote-Ansprache vor einigen Tagen – zu ähnlichen ThemenEnde des klassischen Webs?Vom Ende des klassischen Webs geht Pichai dennoch nicht aus. Der Aussage des TheVerge-Mitgründers, heute würde man die Seite komplett anders aufziehen und es über TikTok, YouTube, Substack oder Ghost versuchen, will er beispielsweise nicht zustimmen. Zwar gebe es mehr Kanäle, die hochwertige Webpräsenz sei aber dennoch nicht zu ersetzen. Web-Traffic wachse weiterhin, so auch die Anzahl an Webseiten.
Kritik von Seitenbetreibern an KI-Bots und TrafficverlustDarauf angesprochen, was er von der Kritik halte, die KI-Zusammenfassungen ließen den Such-Traffic einbrechen und bediene sich an exklusiven Inhalten: Natürlich müsse KI auf Quellen zurückgreifen, doch schon immer basierte Web-Suche genau auf diesem Kontext. Sicherlich gebe es Fragen, auf die man per KI schnellere Antworten erhalte – doch anders als viele Medienschaffende könne er gar nicht erkennen, dass Schaden für die Branche entstehe. Niemand leite so viel Traffic weiter wie Google, wobei sich die Art und Weise weiterentwickle. Eddy Cues kürzlich getroffener Aussage im Google-Prozess, man habe erstmals seit 22 Jahren einen Rückgang festgestellt, widerspricht er eindeutig. Das Gegenteil sei der Fall. Die Suchmaschine leiste denselben Beitrag wie früher – und gemäß Googles Darstellung sogar noch mehr als früher.
Chrome – und die drohende ZerschlagungAuf das Kartellverfahren und Chrome angesprochen, hebt Pichai die Bedeutung des Browsers hervor. Man schuf nicht nur einen Browser, sondern brachte die gesamte Branche weiter. Open Source, Chromium, all die Forschungsgelder in neue Web-Technologien – davon profitieren seiner Meinung nach alle. Sollte sich Google erzwungenermaßen von Chrome trennen müssen, könnte man damit nicht fortfahren, sondern müsste sich fortan zurückhalten.
Donald Trump will einen vorteilhafteren Algorithmus für sichAuf Donald Trumps Forderung, den Suchalgorithmus so zu verändern, dass er bessere Sichtbarkeit erhalte, entgegnet Pichai mit einer kurzen Antwort: Nein, das geht nicht. Keine Person innerhalb Googles verfüge über die Möglichkeit, den Ranking-Algorithmus derart anzupassen. Und ob man die KI-Ergebnisse aufgrund politischen Drucks modifizieren würde? "Nein", so die (hoffentlich ernstgemeinte) Replik.