

Apple galt vor 20 Jahren nicht unbedingt als Vorreiter für Nachhaltigkeit und Umweltschutz, lange waren unschöne Aspekte mit einem "so machen es eben alle" abgetan. Ein gewisses Umdenken erfolgte, nachdem die Kritik an Apple lauter wurde – unter anderem hatte Greenpeace auf den Einsatz vieler giftiger Materialien
hingewiesen und Apple als Schlusslicht bezeichnet. Schlechte Presse gab es zudem, als man 2012
ankündigte, die Produkte nicht mehr EPEAT-zertifizieren zu lassen. Das war doppelt ungeschickt, denn einerseits kam es als "wir kümmern uns nicht mehr um die Vorgaben" an, andererseits durften plötzlich viele Behörden keine Apple-Produkte mehr erwerben. Inzwischen hat das Thema jedoch enormen Stellenwert gewonnen und Apple wird nicht müde, sich als Vorreiter zu inszenieren. Wir beleuchten einige Bereiche und versuchen zu bewerten, ob es sich eher um Greenwashing handelt oder Apple der Rolle gerecht wird.
Giftige Materialien: Apple verbannte konsequent kritische SubstanzenApple war einer der ersten großen IT-Hersteller, der sich öffentlich verpflichtete, bestimmte Schadstoffe aus seinen Produkten zu verbannen – mit Erfolg in mehreren zentralen Bereichen. PVC, BFR, Quecksilber, Arsen oder Blei, all das verschwand in den letzten 15 Jahren nach und nach. Im Falle der Flammschutzmittel ist jedoch nicht klar, ob die Langzeitfolgen besser sind, zumal die Zusammensetzung vieler Materialien nicht immer eindeutig nachvollziehbar sind. Dennoch muss man Apple loben, zumal die Einhaltung der Standards durch externe Stellen überprüft wird und es sich nicht nur um Marketing handelt.
100 Prozent CO₂-neutralDabei handelt es sich um ein Thema, welches Apple bei jeder Gelegenheit vor sich herträgt. Bis 2030 sollen alle Produkte CO₂-neutral sein – und zwar inklusive Zulieferer und Nutzung. Dies gelingt dem Unternehmen einerseits durch Ausbau von Wind- und Solarkraft, andererseits durch effizientere Logistik, Fertigung und Wahl von Materialien. Wenig glaubwürdig sind indes Argumente, man lasse Zubehör wie beispielsweise iPhone-Netzteile oder Ohrhörer allein aus Umweltschutzgründen wegfallen. Dabei dürfte es sich um eine reine Maßnahme zur Kostensenkung handeln, sowohl aufgrund geringerer Einkaufspreise als auch kleinerer Verpackungen (mehr Geräte pro Container, dadurch weniger Kosten pro Artikel).

Als Kritikpunkt an den Angaben zur CO₂-Reduktion ist oft zu hören, ein großer Teil erfolge durch Zertifikatshandel, beispielsweise durch Aufforstungsprojekte und andere Maßnahmen. "Neutral" ist daher ein Begriff, über den sich diskutieren lässt. Blickt man jedoch auf viele andere große Hardware-Hersteller, so nimmt es Apple dennoch deutlich ernster mit der Thematik und setzt konsequent(er) darauf, den CO₂-Fußabdruck zu minimieren.
Recycling und neue MaterialienApple hat große Anstrengungen unternommen, so viel wie möglich aus recycelten Materialien herzustellen. Gold, Zinn und Aluminium deckt man so (fast) vollständig ab, zudem betreibt Apple Programme, wie ausgediente Geräte automatisch zerlegt und in den Recyclingkreislauf gebracht werden können("Liam", "Daisy", "Dave"). Allerdings: einen kompletten "
Closed Loop", also die direkte Wiederverwendung in neuen Apple-Geräten, gibt es bei weitem nicht. Viele Stoffe
verkauft Apple auf dem Rohstoffmarkt – das Unternehmen umschreibt das als "diese können anschließend weiterverwendet werden", sagt aber bewusst nicht, dass man es notwendigerweise selbst tut. Da jedoch auch der Einkauf vorwiegend auf dem Recyclingmarkt stattfindet, ist der hohe Anteil von über 80 Prozent wiederverwerteten Rohstoffen dennoch zu loben und eine wichtige Errungenschaft. Details dazu gibt es unter anderem in Apples "
Environmental Progress Report".
Nicht immer glückt der Umstieg jedoch, denn "FineWoven" aus 68 Prozent recyceltem Material als Lederersatz klang zwar nach mehr Nachhaltigkeit, ökologische Vorteile gibt es aber nicht. FineWoven ist weniger haltbar, da sehr empfindlich – und lässt sich schwer recyceln. Im Herbst 2024 nahm Apple das sehr umstrittene Zubehör wieder aus dem Sortiment.
Geplante Obsoleszenz?Geklebt, verlötet, nicht austauschbar – das sind häufige Begriffe, wenn es um das Innenleben von Apple-Produkten geht. Dies ist durchaus als Achillesferse der Nachhaltigkeit zu sehen, denn der Defekt einer einzelnen Komponente kann das gesamte Produkt in den Abgrund reißen, obwohl ansonsten alles tadellos funktioniert. Vor allem AirPods sind reine Wegwerfprodukte, reparieren kann man an den Ohrhörern nichts. Generell steht Apple bei Computern schlechter da als zahlreiche Mitbewerber, die mehr Wert auf wartungsfreundliche Konzepte legen. Gewicht, Platzbedarf für Komponenten, Design-Kompromisse und teils auch Performance- und Sicherheitsaspekte sind für Apple jedoch Argumente, die für das aktuelle Vorgehen sprechen. Die Lebensdauer des Gesamtprodukts sinkt so dennoch, was den ökologischen Fußabdruck verschlechtert. Auf der Positivseite: Die Software-Unterstützung für iPhones ist überdurchschnittlich lang und Apple bietet mehr Support, als fast jeder andere auf dem Markt.
Akku defekt? Wegwerfen... Fazit und BewertungApple steht mehr im Rampenlicht als sonstige Hersteller und muss zudem gemäß der Selbstdarstellung als "verantwortungsvolleres Unternehmen" schlicht mehr liefern. Ein Umweltskandal würde Apple wesentlich mehr schaden, als einem beliebigen Anbieter aus dem Android-Lager. Selbst wenn es durchaus Greenwashing-Aspekte gibt, so bleibt dennoch festzustellen: Kein anderer Hersteller kommuniziert so offen über den ökologischen Fußabdruck seiner Produkte und bietet so viel Transparenz. Zudem hat Apple die Thematik überhaupt erst öffentlich sichtbar auf die Tagesordnung gehoben. Unter den Tech-Giganten handelt es sich bei Apple um den sicherlich nachhaltigsten Anbieter, obwohl es in einigen Bereichen noch Kritikpunkte gibt. Auch wenn Apple die Ausrichtung wohl vor allem aufgrund der PR-Inszenierung gewählt hat und sich damit einen guten Ruf erarbeiten will, wäre es ein unfairer Vorwurf, nur von einer großangelegten Greenwashing-Kampagne zu sprechen.