

So ist das manchmal, wenn man sich als Tester darum bemüht, der Erste, oder zumindest einer der Ersten zu sein, die einem begehrten neuen Modell einen Praxistest unterziehen wollen: Der Testzeitraum ist dann meist sehr knapp. So geschehen auch im Fall des neuen Meze Poet Over Ears. Das erste Exemplar in Deutschland ging direkt an mich. Aber nur für ein paar Tage, denn bevor der Kopfhörer in nennenswerten Stückzahlen an den deutschen Vertrieb (
Headphone.shop) ausgeliefert wird, soll das Vorab-Exemplar natürlich noch diverse Promo-Auftritte absolvieren.
Nichtsdestotrotz: Ein paar Tage reichen bei Kopfhörern meist aus, um sich schon ein sehr genaues Bild über die Eigenschaften verschaffen zu können. Und die fielen beim Meze Audio sehr positiv aus.
KompaktArt | | Over-Ear Kopfhörer, magnetostat |
Die Technik des Meze PoetFrüher waren elektrodynamische Schallwandler die absolut beherrschende Art bei Kopfhörern. Elektrostaten gibt es zwar auch schon ewig, doch die waren immer (und sind es noch heute) eher Exoten. So wie damals auch die Magnetostaten. Doch die haben sich dank besserer Metarialtechnik bis heute fast zur dominierenden Spezies unter Over-Ear-Kopfhörern entwickelt. Zumindest gefühlt ist mindestens jeder zweite neue Kopfhörer heute ein Magnetostat.
Dafür gesorgt hat unter anderem die bessere Verfügbarkeit leistungsstarker Magnete, wie die aus seltenen Erden bestehenden Neodym-Magnete, aber auch optimierte Herstellungsverfahren für Folien, Leiterbahnen und dank besserer Möglichkeiten zur Berechnung und akustischen Optimierung von Gehäusen.
Der Poet kommt in einem schlichten, komplett recycelbaren Karton und einer unauffälligen schwarzen Transportbox mit Schnappverschluss daher. Die Box ist im Gegensatz zu dem ausdrucksstarken Kopfhörer eher schlicht, aber robust und zweckmäßig. Beim ersten Anfassen fällt das angenehme Gewicht des Bügelkopfhörers auf, der etwas über 400 Gramm wiegt. Obwohl er nicht der Leichteste seiner Art ist, ist er deutlich leichter als viele Konkurrenten. Auch hier harmoniert die optische Erscheinung mit den physischen und haptischen Eigenschaften. Alles fühlt sich einfach richtig an.
Das Gehäuse besteht aus Magnesium, die Bügel aus Titan und das Kopfband aus Leder. Auch die magnetisch befestigten Ohrpolster sind aus Leder. Dem Kopfband hat Meze eine spezielle Omega-Form verliehen, die sich auf größerer Fläche um den Kopf schmiegt und so für bessere Druckverteilung sorgt. Der Poet ist als Open-Back konstruiert, lässt also Außenschall fast ungehindert durch und den selbst erzeugten Schall für außenstehende vernehmbar nach außen. Offene Kopfhörer sind daher weniger für die Nutzung draußen oder in öffentlichen Verkehrsmitteln geeignet, bieten aber klanglich und in Sachen Tragekomfort einige Vorteile.
Die kupferfarbenen Außengitter mit dem kunstvollen Lochmuster sind Teil der akustischen Abstimmung und wurden auf Basis des sogenannten Acoustic Metamaterial Tuning System (AMTS) von Dan Clark Audio unter Lizenz entwickelt. So wie auch die verwendeten Treiber keine Eigenentwicklung sind, sondern in Kooperation mit einem ukrainischen Hersteller namens
Rinaro entstanden. Meze Audio, gegründet vom Namensgeber Antonio Meze, hat seinen Sitz übrigens in Rumänien. Damit ist der Kopfhörer quasi eine Art internationales Gemeinschaftsprojekt.
Die wichtigsten technischen Daten:- Impedanz: 55 Ohm
- Empfindlichkeit: 101 dB SPL/mW @ 1kHz
- max. SPL: >130 dB SPL
- Verzerrungen (THD): < 0,05 %
- Frequenzgang: 4 Hz – 96 kHz
- Eingangsanschlüsse: Dual 3,5 mm Klinke (TS Jack)
- Membrantyp: Rinaro Parus [MZ6]
- Gewicht: ca 400 g (ohne Kabel)
Praxis: Genügsam und anschmiegsam Der Kopfhörer sitzt sicher auf dem Kopf, ohne unangenehmen Druck auszuüben. Er bleibt auch bei geneigtem oder zurückgelehntem Kopf sowie bei schnellen Kopfbewegungen in Position. Sein relativ geringes Gewicht im Vergleich zu so manch anderen Kopfhörern dieser Klasse zahlt sich hier aus. Das Kopfband ist kaum spürbar und die beweglichen Teile sind praktisch spielfrei. Es gibt keinerlei Knarz- oder Quietschgeräusche. Dabei zieht sich die gestalterische Liebe zum Detail wie ein roter Faden durch alle Bereiche, bis hin zu den Gehäuseaufhängungen und den Steckern des Kabels.
Das mitgelieferte „handgeflochtene Premium-Kabel“ ist wunderbar flexibel und überträgt bei Reibung an der Kleidung fast keine Geräusche auf die Hörergehäuse. Die rund zweieinhalb Meter lange Leitung im Kimber-Cable-Style ist mit einem 6,35 mm Klinkenstecker für den Anschluss an Kopfhörerverstärker ausgestattet. An der Kopfhörerseite ist sie Y-förmig und wird mit 3,5-mm-Steckern an den beiden Treibergehäusen angesteckt. Alternative Kabellängen und Konfektionierungen werden natürlich auch angeboten, müssen aber separat erworben werden und können nicht vor dem Kauf ausgewählt werden.
An der ganzen Verarbeitung und mechanischen Qualität gibt es nichts zu meckern – außer einer Kleinigkeit: Die dünnen Titanbügel, die die Bügel-Band-Konstruktion auf Spannung halten, verhalten sich wie die Saite einer Bassgitarre. Schon die kleinste Berührung der Bügel oder der Aufhängung versetzt sie hörbar in Schwingungen. Bei normaler Nutzung kommt man damit zwar kaum in Berührung, aber wenn doch, ist das schon ein wenig irritierend.
Hörtest: Natürliche Wärme gepaart mit feiner AuflösungFür einen angemessenen Vergleich hatte ich nur den geschlossenen
Dan Clark E3 verfügbar. Der kostet mit 2.459 Euro zwar etwas mehr, aber das passt noch. Zwar handelte es sich damit um einen Vergleich offen vs. geschlossen, was nicht ganz optimal passt, aber der Dan Clark ist als Magnetostat und schließlich auch in Sachen Metamaterial ein technisch naher Verwandter. Preislich optimal passte der Vergleich mit dem
Fostex TH909 (knapp 2.000 Euro), bei dem es sich allerdings um einen dynamischen Kopfhörer handelt. Der TH909 ist ein offener Over-Ear. Die Musik kam via Qobuz und Roon über den
eversolo DMP-A10, der wiederum den (nicht mehr lieferbaren) Questyle CMA fifteen per USB als DAC und Kopfhörerverstärker speiste.
Obwohl der DCA E3 ein geschlossener und der Poet ein offener Kopfhörer ist, waren sich die beiden charakterlich ziemlich ähnlich. Beide überzeugen mit vorbildlicher Ausgewogenheit, ohne dabei zu nüchtern zu klingen. Der Auftritt beider Spitzenkopfhörer ist nicht nur für Pop/Rock/Electro bestens geeignet. Auch Klassikfans kommen hier auf ihre Kosten. Im Vergleich mit dem fast „lupenartig“ auflösenden und eher für Monitoring abgestimmten Fostex wirkte der Poet manchmal etwas zurückhaltend. Vornehmlich, wenn es um feinste Transienten oder auch dynamisch-explosive Impulse geht. Möglicherweise büßt er wegen der AMTS-Bedämpfung hier etwas an Lebendigkeit ein. Andererseits übertreibt es der Fostex in dieser Hinsicht manchmal etwas. Er ist bei weitem nicht so gut für längere Hörsessions geeignet wie der Meze oder der DCA.
Schön ist auch, dass der Poet im Bass einen gute Mischung aus ordentlicher Substanz, konturierter Auflösung und Tiefgang bietet. Mulmige, übertriebene Bässe sind hier kein Thema.
Mit seiner Impedanz von 55 Ohm und einer Empfindlichkeit von 101 dB SPL/mW bei 1 kHz ist der Poet im Hinblick auf den vorgeschalteten Kopfhörerverstärker nicht allzu anspruchsvoll. Der zum Vergleich herangezogene DCA E3 liegt demgegenüber bei einer Empfindlichkeit von nur 90 dB/mW bei 27 Ohm. Damit ist er deutlich leistungshungriger und spielt an kleineren Dongle-DACs, wie dem
hier getesteten iFi Audio GO Bar Kensei, bei weitem nicht so frei auf, wie der Poet. Heißt: Den Poet könnte man durchaus mit auf Reisen nehmen, auch wenn er als offener Kopfhörer vielleicht nur was fürs Hotelzimmer ist.
Fazit: Traumhaft schön und kein BlenderWer 2.000 Euro in einen Kopfhörer investiert, erwartet natürlich entsprechend viel Gegenwert. Den liefert der Meze Poet. Und zwar nicht nur mit seinem fein aufgelösten, sehr ausgewogenen und langzeittauglichen Klang, sondern auch mit attraktivem Design und toller Verarbeitung. Wer dem Poet dann auch noch den exklusiven und avantgardistisch gestalteten Meze
Manta Kopfhörerständer als Parkplatz gönnt (in Schwarz oder verchromt, ab 300 Euro), hat auch noch ein richtiges modernes Kunstwerk für daheim erworben.
Plus/Minus Meze Poet:+ ausgewogenes Klangbild mit langzeittauglichem Charakter
+ sehr gute Verarbeitung
+ hochwertiges, flexibles Anschlusskabel
+ elektrisch nicht zu anspruchsvoll (auch an Mobil-DACs nutzbar)
+ auch über Stunden sehr komfortabel zu tragen
+ sehr einfach austauschbare Ohrpolster
– Titanbügel bei Berührung schwingungsanfällig