

Systemkameras haben es derzeit nicht leicht. Die Situation ist zwar nicht ganz so dramatisch wie damals mit den Kompaktkameras, die aufgrund des Siegeszuges der Smartphone-Fotografie binnen weniger Jahre weitgehend ausgestorben sind, doch inzwischen stellen die „intelligenten Telefone“ mit ihrer enormen Rechenleistung und immer besseren ML-Funktionen in Sachen Bildqualität auch immer mehr professionelle Ansprüche zufrieden. Bis iPhone & Co. auch Sportfotografen mit Monster-Teleobjektiven vom Spielfeldrand verdrängen oder Kunstfotografen ihre Hasselblad dafür eintauschen, wird sicher noch viel geschehen müssen. Aber DSLMs kommen doch immer mehr unter Druck.
Auch ich, der ich mein Leben lang mit Spiegelreflex und später digitalen Systemkameras fotografiert habe und aktuell eine
Canon EOS R6 Mark II mit einigen Top-Objektiven mein Eigen nenne, greife spätestens seit dem
iPhone 17 Pro noch seltener zur großen und schweren Fototasche. So habe ich beispielsweise den
Messebericht zu den Deutschen HiFi Tagen in Darmstadt ausschließlich mit dem iPhone fotografisch (und videografisch) abgedeckt. Die R6 blieb zuhause. Ganz wohl war mir dabei zunächst nicht, doch am Ende habe ich die DSLM nicht eine Sekunde vermisst.
Nicht nur, dass die Fotos mit dem iPhone wirklich großartig aussehen und in vielen Fällen von DSLMs kaum zu unterscheiden sind (außer im Seitenverhältnis der Bilder vielleicht), auch war es eine reine Wohltat, den ganzen Tag völlig ohne Schultertasche durch die Messe zu wandern und das iPhone jederzeit schnell in der Hosentasche verschwinden lassen zu können. Zudem ersparte mir das iPhone im Nachgang viel Arbeit, denn anstatt wie sonst üblich jedes Bild als RAW mehr oder weniger manuell zu entwickeln, konnte ich mich beim iPhone viel mehr auf die fertigen Ergebnisse „out-of-the-cam“ verlassen. Die sind so gut, dass ich praktisch nichts mehr tun brauchte, außer sie in der richtigen Größe zu exportieren. Auch die Ausschussquote war extrem gering. Direkt in JPEG mit der DSLM zu fotografieren bringt nicht immer so gute fertige Ergebnisse. Darum der Umweg über RAW.
Bedeutet das, ich werde mein Canon-System jetzt einmotten oder verkaufen? Nein. Ganz so weit ist es dann doch noch nicht. Sowohl im Studio als auch für bestimmte berufliche und private Aufgaben setze ich nach wie vor gerne auf die nicht wegzudiskutierenden Qualitätsvorteile der Systemkamera in bestimmten fotografischen Situationen. Anders sieht die Sache bei der Frage aus, ob ich auf die neu vorgestellte Canon EOS R6 III umsteigen werde. Die Antwort darauf ist ein klares Nein. Aber hier erst mal die Infos zur neuen Kamera …
Canon EOS R6 Mark III – Brot und ButterEhrlich gesagt kann die Vorstellung der Kameraneuheit vom Weltmarktführer recht knapp ausfallen. Die R6 Mark III ist ein reines Feature-Upgrade der ohnehin schon sehr vielseitig ausgestatteten R6 II. Oder ein Facelift, wie es in der Automobilwelt heißen würde. Wobei sich das „Face“ der Kamera praktisch nicht verändert hat. Wer ganz genau hinguckt und die Mark II gut kennt, kann ein paar neue Beschriftungen ausmachen und wird entdecken, dass der Modus-Wahlschalter jetzt eine Position weniger und teils andere Modi hat.

Die ergonomisch gelungene Grundform und sämtliche Tastenpositionen bleiben erhalten. Auch am Klappdisplay-Mechanismus ändert sich nichts. Da hätten sich manche etwas mehr gewünscht. Erst unter den seitlichen Abdeckungen treten ein paar Neuerungen ans Tageslicht. Wie etwa der nun in Full-Size vorliegende HDMI-Port. Viele Fotografen und Blogger bejubeln diese kleine Umstellung, weil der Mini-HDMI-Port wirklich eine Zumutung in Sachen Stabilität ist. Aber ganz ehrlich? Der große große HDMI-Port ist auch ätzend, weil der Stecker nur in eine Richtung und nur sehr fummelig einzustecken ist. Warum wird nicht Thunderbolt mit USB-C und Verriegelungsschrauben eingesetzt? Das wäre noch sicherer und zur Not könnte für reine HDMI-Displays auch ein Adapter eingesetzt werden. Die Display-Anbieter würden sich auch schnell anpassen.

Auf der anderen Seite findet sich unter der Klappe jetzt ein CFexpress- (Typ B, max. 8 TB) und ein SD-Card-Slot (UHS-II), statt zuvor zwei SD-Slots. Ein wichtiges Update, um die datenhungrigen RAW-Modi und richtig viele Serienbilder schnell auf die Karte schreiben zu können. Aber nicht jeder wird das als Vorteil sehen, wenn man sich jetzt mit zwei verschiedenen Kartentypen abgeben muss, wobei die schellen CFe-Cards auch noch erheblich teurer sind.
Ansonsten bleiben die sichtbaren Änderungen an der Hardware marginal. Anders sieht es da schon unter der Haube aus. Ein neuer Sensor mit jetzt 32,5 Megapixeln (wie in der Canon EOS 50C Cinema Kamera) mit 8,5-Stop IBIS und bis zu 40 Bilder/s, sowie ein verbesserter Dual Pixel CMOS AF II mit multipler Motiverkennung und ein EVF mit 3,69 m-Dot-Display (0,76x, 120 fps) gehören zu den Hauptmerkmalen. Ansonsten gibt es eigentlich nur Feature-Updates im Detail:
Wesentliche Merkmale der EOS R6 Mark III (laut Canon):- 32,5-Megapixel-Vollformatsensor: hohe Auflösung für detailreiche Aufnahmen
- Serienbildgeschwindigkeit bis 40 B/s mit elektronischem Verschluss
- Bis zu 8,5 Belichtungsstufen Bildstabilisierung (objektivabhängig, kombiniert)
- 7K RAW Light-Videoaufnahme mit Oversampling für exzellente 4K-Qualität
- Open-Gate-Modus für maximale Flexibilität in der Postproduktion
- Zwei Kartenslots: CFexpress Typ B und UHS-II SD
- Integrierte Konnektivität: 5 GHz-WLAN und Bluetooth 5.1
Alles zusammengenommen handelt es sich um ein überschaubares Update, bei dem Besitzer der R6 Mark II nicht nervös den Kontostand checken müssen. Klar, wie bei jeder neuen iPhone-Generation gibt es auch hier genug neue Features, dass für fast jeden etwas dabei sein dürfte. Wirklich lohnenswert ist das aber wohl nur für Nutzer älterer, schwächerer EOS-R-Serie-Kameras.
Canon RF 45mm f/1,2 STM – HonigDieses neue Objektiv stiehlt der R6 III glatt die Schau. Wer hätte damit gerechnet? Ein relativ kleines, kompaktes und leichtes Objektiv mit Normalbrennweite und sehr hoher Lichtstärke von f/1,2 für nur 499 Euro! Normalerweise würde man bei einem solchen Objektiv, insbesondere von Canon, erwarten, dass das Ding mit L-Designation für „Profis“ ausgelegt ist und mindestens 2.000 Euro kostet. Aber nein, es handelt sich um ein Objektiv der Normalserie – und bleibt somit für Hobbyisten erschwinglich.

Mit 67 mm Filterdurchmesser bei recht kompakten Maßen und nur 346 g Gewicht soll die optische Leistung dennoch überzeugen. Mindestens auf dem Niveau des früheren EF 50mm f/1.2L USM, heißt es aus gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen. Das würde zwar die teuren Top-Objektive der RF-Serie nicht ins Schwitzen bringen, denn das alte EF war in manchen Bereichen etwas speziell, aber für casual User und auch viele Profis dürfte diese 45-mm-Objektiv ein echter Hammer sein. Schließlich kann man auch mit einem „popeligen“ 35 mm f/1,8 Makro IS STM fantastische Fotos machen. Es muss nicht immer "L" sein.
Apropos: Eine Makro-Designation hat das neue 45 mm leider nicht. Die Naheinstellgrenze liegt bei 45 cm und der größte Abbildungsmaßstab bei 0,13x.
So oder so ist diese Objektiv eine gelungene Überraschung, die man von Canon so nicht erwartet hätte. Warum das RF 45mm f/1,2 STM kein 50er geworden ist, bleibt etwas mysteriös, aber es hat sicherlich mit gewissen optischen Zwängen bei der Konstruktion zu tun. 45 mm sind aber nah genug an der sogenannten Normalbrennweite, um als 50er-Ersatz durchzugehen. Ansonsten gibt es ja noch das
RF 50mm f/1.2 für 2.649 Euro. Für Portraits, Street Fotografie, Produktfotos, Dämmerlicht, Aufnahmen in schummrig beleuchteten Innenräumen und viele weitere Situationen ist das neu 45er ebenso ideal geeignet. Und so denke ich, dass es ein echter Verkaufsschlager in Canons inzwischen sehr umfangreichen RF-Objektivportfolio werden dürfte. Mit vermutlich sehr langen Lieferzeiten, wenn man nicht schnell zuschlägt.
Wesentliche Merkmale des RF 45mm F1.2 STM (laut Canon):- Kompaktes Leichtgewicht: nur 346 g
- Standardbrennweite von 45 mm: ideal für Porträt-, Lifestyle- und Alltagsaufnahmen
- Lichtstarke F1.2-Blende für herausragende Freistellung und Low-Light-Performance
- STM-Autofokusmotor für präzises, nahezu lautloses Fokussieren
- Dedizierter Steuerring zur direkten Anpassung zentraler Kameraeinstellungen
- 9-Lamellen-Irisblende für harmonisches, rundes Bokeh
- Super Spectra Vergütung zur Reduktion von Reflexionen und Streulicht
- Kompatibel mit Fokus-Breathing-Korrektur für konsistente Bildwirkung bei Videoaufnahmen
Fazit: Wenn der Sidekick dem Star die Show stiehltDie
Canon EOS R6 Mark III bleibt eine gute Wahl für all diejenigen, die auf die Besonderheiten der sehr viel teureren EOS R5 Mark II verzichten können. Die R6 ist nach wie vor ein super ausgewogenes und für beinahe jeden professionellen oder privaten Anspruch geeignetes Modell. Hochwertig, schnell, funktionsreich und robust, mit fraglos überzeugender Bildqualität. Umsteiger von anderen Systemen dürfte die neue Modellgeneration mangels Highlight-Featues aber kaum anlocken. Der Preis liegt mit dem UVP von 2.899 Euro auf dem Niveau der R6 II bei ihrer Vorstellung vor rund drei Jahren. Dass es keine Preissteigerung gibt, muss schon fast als Lob gewertet werden.
Die wirklich spannende News für alle Canon-User und die, die es werden wollen, ist aber das Objektiv
RF 45mm f/1,2 STM. Dieser unscheinbare schwarze Optikkolben hat das Potential zum Bestseller und Klassiker. Sofern es sich optisch beweisen kann und beim AF keine allzu lahme Krücke ist (wovon ich nicht ausgehe), ist das ein echter Coup d’état. Oder der Honig für das Butterbrot. Ich glaube, da werde ich auch noch mal schwach. iPhone hin oder her. Der UVP des RF 45mm f/1,2 STM liegt bei 499 Euro. Beide Produkte sollen laut Canon
ab 20. November 2025 erhältlich sein.