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Warum True Tone nicht für farbkritische Arbeiten taugt

Weia
Weia06.12.2523:15
In diesem Jahr kamen wir, meist im Zusammenhang mit Displays, mehrfach darauf zu sprechen, dass für farbkritische Arbeiten die Farbtemperatur von Monitor und Umgebungslicht identisch sein müssen – was natürlich eigentlich fixes = künstliches Umgebungslicht voraussetzt.

In diesem Zusammenhang kam dann die Frage auf, ob das für farbkritische Arbeiten verpönte True Tone am Ende in Wahrheit nicht genau so ein zumindest annähernd praxistaugliches Provisorium für sich ständig wandelndes Tageslicht wäre – schließlich ist der Anspruch von True Tone genau dieser: das Display an das Umgebungslicht anzupassen. Besteht der schlechte Ruf also zu Unrecht?

Die Frage ließe sich ja ganz einfach messtechnische beantworten: wie gut folgt der Weißpunkt des Displays dem des Umgebungslichts? Erstaunlicherweise habe aber zumindest ich im Netz nie irgendsoeine Messung gefunden. Also habe ich das jetzt selbst gemacht – aus Zeitgründen nur ganz grob anhand meines iPad Pro 12,9" (2020), aber das Resultat sollte allemal reichen, um die Frage zu beantworten: Nein, der schlechte Ruf besteht nicht zu Unrecht, wie folgendes Messdiagramm eindrücklich dokumentiert:


Man sieht auf einen Blick, dass Umgebungslicht-Soll-Weißpunkt (orange) und Display-Ist-Weißpunkt (blau) wild divergieren und nirgendwo wirklich zusammenkommen.

Warum ist das so? Ich vermute, die Antwort besteht aus drei Teilen:
  • Im Bereich niedriger Farbtemperaturen ist die Divergenz besonders groß. Das ist sicherlich sinnvoll, denn dieses viel zu gelbliche Umgebungslicht, das noch aus Glühbirnen-Zeiten stammt, von manchen Menschen aber immer noch als „gemütlich“ empfunden und verwendet wird, obwohl es für die Augen alles andere als gut ist, sähe als Weißpunkt auf dem Bildschirm selbst für solche Menschen viel zu gelblich aus. Hier ist die Differenz also wahrnehmungspsychologisch gerechtfertigt; ohnehin wird kein Grafiker bei Verstand farbkritische Arbeiten in solchem Umgebungslicht ausführen.
  • Um die Farbtemperatur des Umgebungslichts präzise messen zu können, bedürfte es eines Spektralphotometers, eines Bauteils, das alleine schon einen dreistelligen Betrag verschlingt und daher nicht einfach zusätzlich in ein Display eingebaut werden kann. Apple benutzt deutlich sichtbar eine Näherungslösung, die sich in Stufen verändert, wenn die Differenz zwischen Weißpunkt des Umgebungslichts und des Monitors auch mit einfachen Mitteln gemessen zu groß wird.
  • Bleibt die Frage, warum die Differenz auch im Bereich ab 5000 K so groß bleibt. Ich vermute, dass Apple hier dasselbe Spiel treibt wie die Papierhersteller, die uns leicht bläulich gefärbtes Papier als „weiß“ verkaufen, während messtechnisch neutralweißes Papier von unseren erfolgreich manipulierten Augen als „vergilbt“ wahrgenommen wird. Warum tun sie das? Weil auf uns leicht bläuliches Papier als das Gegenteil von „vergilbt“ vorkommt, also als „strahlend weiß“. Und diesen Effekt will Apple offenkundig auch für seine „brillanten“ Displays nutzen.

Also: True Tone kann man in der Tat für farbkritische Arbeiten vergessen. Bleibt nach wie vor nur eine hochwertige LED-Beleuchtung im Bereich zwischen 5000 K und 6500 K und ein exakt darauf eingemessenes Display.
„„Meinung“ ist das Foren-Unwort des Jahrzehnts.“
+27

Kommentare

Kehrblech10.12.2508:58
Weia:
[quote] Nochmals das zentrale Argument in aller plakativen Einfachheit: Gelbes Licht ist für die Augen „alles andere als gut“, weil es aufgrund der geringeren Rotempfindlichkeit des Auges denselben Effekt hat wie (zu) wenig Tageslicht.]
Das stimmt einfach nicht, weil Du bei Deiner Argumentation unterstellst, dass gelbes Licht in der gleichen Leuchtdichte vorliegt, wie Licht anderer Farbe. Es ist aber technisch kein Problem, die Leuchtdichte von gelbem (oder auch rotem) Licht zu erhöhen, so dass die die gleiche wahrgenommene Helligkeit resultiert. Und dann ist gelbes (oder rotes) Licht natürlich überhaupt kein Problem (aber gewöhnungsbedürftig). Der Mensch sieht das gesamte Spektrum des Tageslichts ja nicht, weil sich ein gewisser Schaden nicht vermeiden ließ, sondern weil es ihm geholfen hat, durch die Evolution zu kommen.
+1
Kehrblech10.12.2509:13
trekkman

Hier dito - mache schon lange mit Foto und stehe kurz vor Rente, ohne jemals auf Monitor-Kalibrierung/Farbumgebung/etc geachtet zu haben. Dazu gehörten jahrelang perfekte Druckergebnisse in Verbindung mit Interieurfotografie, Holzsorten, Farb-, Stoffoberflächen und sowas (was in der Möbelindustrie äußerst wichtig ist).

Wollte nur anmerken, dass es auch ohne viel Technik möglich ist - eher intuitiv, fast schon instinktiv. Oft im Halbdunkel, Mischlicht, irgendwelche Funzeln und jeweiliges Tageslicht gearbeitet. Ich glaube, wenn man seine (noch so miese) Arbeitsgeräte verinnerlicht hat und weiß wie das Resultat ist, läuft es.
Was aber sehr viel Erfahrung mit den vorhandenen (oder mitgebrachten) Lichtquellen, Monitoren etc. voraussetzt, während die Diskussion hier sich um technische Standards dreht, die auch einem Anfänger perfekte Ergebnisse ermöglichen sollen, wenn er alle Parameter beachtet. Nicht umsonst gab es ja selbst zu Zeiten der Analogfotografie Tageslicht- und Kunstlichtfilme etc. – Ich muss vielleicht ein bis maximal fünfmal im Jahr etwas farbkritisches designen. Das ist definitiv zu wenig, um einen Erfahrungsschatz aufzubauen. Trotzdem gelingt mir das inzwischen – nach einigen Fehlschlägen, weil ich Faktoren wie die Temperatureinstellung des Monitors u.ä. nicht genug berücksichtigt hatte – inzwischen für meine Verhältnisse ausreichend sicher und gut (übrigens mit True Tone), auch wenn ich sicher keine hundertprozentige Übereinstimmung von Monitor und Druck erreiche.
0
trekkman10.12.2510:09
Passt - ich bin ja nicht Technik-Feindlich. War ja bei mir auch nicht immer optimal. Gab auch immer mal Schwankungen wenn es neue Rechner gab, neuer Kollege, Farblieferant, anderes Papier oder Luftfeuchtigkeit beim Druck oder sonst was.
„Gruß, Thomas W“
+1
Weia
Weia10.12.2512:44
spheric
Weia
Wenn Du jetzt noch verraten könntest, was denn nun nicht stimmt …
GOTO 10
Weia
..denn dieses viel zu gelbliche Umgebungslicht, das […] für die Augen alles andere als gut ist
Und das stimmt nicht, weil …? Wo ist Deiner Auffassung nach der Fehler in der (ja fürchterlich simplen) Begründung, die ich dafür geliefert habe? Was bestreitest Du? Dass eine schwache Beleuchtung den Augen nicht gut tut? Dass gelblicheres Umgebungslicht für die Augen auf dasselbe hinausläuft wie schwächeres Umgebungslicht?
„„Meinung“ ist das Foren-Unwort des Jahrzehnts.“
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Weia
Weia10.12.2513:14
Kehrblech
Nochmals das zentrale Argument in aller plakativen Einfachheit: Gelbes Licht ist für die Augen „alles andere als gut“, weil es aufgrund der geringeren Rotempfindlichkeit des Auges denselben Effekt hat wie (zu) wenig Tageslicht.
Das stimmt einfach nicht, weil Du bei Deiner Argumentation unterstellst, dass gelbes Licht in der gleichen Leuchtdichte vorliegt, wie Licht anderer Farbe.
??? Natürlich tue ich das. Wenn du die Auswirkungen der Änderung einer Objekteigenschaft bestimmen willst, musst du selbstverständlich alle übrigen Objekteigenschaften konstant halten.

Und das entspricht ja auch der Lebenswelt: Wenn sich jemand ein bestimmtes LED-Leuchtmittel kauft, das in verschiedenen Farbtemperaturen erhältlich ist, so sind die übrigen technischen Daten gleich. Leuchten, bei denen man die Farbtemperaturen via Fernbedienung regeln kann, werden auch nicht heller, wenn man eine niedrigere Farbtemperatur einstellt.
Es ist aber technisch kein Problem, die Leuchtdichte von gelbem (oder auch rotem) Licht zu erhöhen
Natürlich ist das technisch möglich. Nur wäre die Stromrechnung dann deutlich höher und der durchschnittliche Verbraucher greift nicht gezielt zu Leuchtmitteln höherer Leistung, weil er gelbliches Licht bevorzugt. Im Gegenteil: diejenigen, die dieses fehlangepasste Licht „gemütlich“ finden, sind meiner Erfahrung nach oftmals auch diejenigen, die kein besonders helles Licht wollen, weil sonst selbst gelbliches Licht in ihren Augen die „Gemütlichkeit“ verliert.
„„Meinung“ ist das Foren-Unwort des Jahrzehnts.“
+1
Weia
Weia10.12.2513:24
trekkman
Hier dito - mache schon lange mit Foto und stehe kurz vor Rente, ohne jemals auf Monitor-Kalibrierung/Farbumgebung/etc geachtet zu haben.
[…]
Wollte nur anmerken, dass es auch ohne viel Technik möglich ist - eher intuitiv, fast schon instinktiv. Oft im Halbdunkel, Mischlicht, irgendwelche Funzeln und jeweiliges Tageslicht gearbeitet. Ich glaube, wenn man seine (noch so miese) Arbeitsgeräte verinnerlicht hat und weiß wie das Resultat ist, läuft es.
Das hängt von den Ansprüchen ab. Eine messtechnisch exakte Farbwiedergabe ist ohne kalibrierte Arbeitsgeräte prinzipbedingt unmöglich. Woher willst Du wissen, dass noch irgendein anderer Monitor auf der Welt die Farben so darstellt wie Dein unkalibrierter?
„„Meinung“ ist das Foren-Unwort des Jahrzehnts.“
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Weia
Weia10.12.2513:50
Kehrblech
Was aber sehr viel Erfahrung mit den vorhandenen (oder mitgebrachten) Lichtquellen, Monitoren etc. voraussetzt, während die Diskussion hier sich um technische Standards dreht, die auch einem Anfänger perfekte Ergebnisse ermöglichen sollen, wenn er alle Parameter beachtet.
Naja, Farbmanagement wendet sich genauso und vor allem auch an Profis, wo es auf wirklich exakte Farbwiedergabe ankommt. Dass man das aufgrund von „Intuition“ auch ohne Farbmanagement schaffen könnte, ist eine Illusion. Dann ist präzise Farbwiedergabe nicht wirklich wichtig.

Die Bildersuche bei Google ist voll von (von Unternehmen veröffentlichten und insofern professionellen) Produktbildern ein- und desselben Produkts in teils horrend unterschiedlicher Farbwiedergabe (Plattencover sind ein gutes Beispiel dafür). Da waren lauter Profis am Werk, die sich auf ihre Intuition verlassen haben.
„„Meinung“ ist das Foren-Unwort des Jahrzehnts.“
+1
mactelge
mactelge10.12.2513:55
sudoRinger
Die Monitorlampe Benq Screenbar Pro mit CRI > 95 war für mich jedenfalls eine gute Anschaffung. Im Monitorvorfeld kann ich Papiere jetzt besser lesen.

Deinen Post habe ich zum Anlass genommen, mir das Teil auch zu kaufen. Die Halo2, mit dem Bedien-Puck.
Die sinnvollste Investition im Jahre 2025. Die Fertigungsqualität steht Apple-Produkten in nichts nach.

Danke für den Tip!
„Dreh´dich um – bleib´wie du bist – dann hast du Rückenwind im Gesicht!“
+3
der_seppel
der_seppel10.12.2516:45
mactelge
sudoRinger
Die Monitorlampe Benq Screenbar Pro mit CRI > 95 war für mich jedenfalls eine gute Anschaffung. Im Monitorvorfeld kann ich Papiere jetzt besser lesen.

Deinen Post habe ich zum Anlass genommen, mir das Teil auch zu kaufen. Die Halo2, mit dem Bedien-Puck.
Die sinnvollste Investition im Jahre 2025. Die Fertigungsqualität steht Apple-Produkten in nichts nach.

Danke für den Tip!
Hahahahahaaa, geil! Ich auch, aber die angepriesene! Kommt morgen, bin gespannt, aber ich denke das wird mir gut tun!
„Kein Slogan angegeben.“
+1
ttwm10.12.2517:42
Wir haben hier einen Test auf einem einzelnen iPad aus 2020. Kann man die Ergebnisse auf einer Vielzahl anderer Apple-HW, die TrueTone bietet, mittels Messungen bestätigen? Oder kommen dabei bessere oder noch schlechtere Ergebnisse ans Tageslicht?
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Weia
Weia10.12.2518:36
ttwm
Wir haben hier einen Test auf einem einzelnen iPad aus 2020. Kann man die Ergebnisse auf einer Vielzahl anderer Apple-HW, die TrueTone bietet, mittels Messungen bestätigen? Oder kommen dabei bessere oder noch schlechtere Ergebnisse ans Tageslicht?
True Tone ist ja keine Hardware-, sondern eine Softwaretechnologie; insofern dürfte die spezifische Hardware eine sekundäre Rolle spielen. Wichtiger ist wenn, dann die verwendete Softwareversion; das war iPadOS 26.1. Niemand wird ein iPhone für die Bildbearbeitung nutzen, aber bei einem iPhone 16e mit iOS 26.1 hatten testhalber ebenfalls durchgeführte Messungen jedenfalls dasselbe Ergebnis.

Wenn es überhaupt unterschiedliches Verhalten unter demselben Namen geben sollte, dann wohl zwischen iOS/iPadOS und macOS. Um das zu testen, bräuchte man halt ein neueres MacBook oder ein Studio Display, die ich beide nicht habe. Umgekehrt braucht man für die Messung ein Spektralphotometer, spezielle Software und eine Lichtquelle mit einstellbarer Farbtemperatur, die auch nicht jeder hat. Am einfachsten wäre es vermutlich, ich würde mir ein passendes MacBook leihen. Das wäre grundsätzlich möglich, würde aber vermutlich einige Zeit dauern.

Wenn das dann allerdings wieder nur zu erregten Diskussionen über eine photometrische Randbemerkung führt, ist meine Motivation eher begrenzt …
„„Meinung“ ist das Foren-Unwort des Jahrzehnts.“
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Kehrblech10.12.2519:53
Weia

Naja, Farbmanagement wendet sich genauso und vor allem auch an Profis, wo es auf wirklich exakte Farbwiedergabe ankommt. Dass man das aufgrund von „Intuition“ auch ohne Farbmanagement schaffen könnte, ist eine Illusion. Dann ist präzise Farbwiedergabe nicht wirklich wichtig.

Die Bildersuche bei Google ist voll von (von Unternehmen veröffentlichten und insofern professionellen) Produktbildern ein- und desselben Produkts in teils horrend unterschiedlicher Farbwiedergabe (Plattencover sind ein gutes Beispiel dafür). Da waren lauter Profis am Werk, die sich auf ihre Intuition verlassen haben.
Dem wollte ich überhaupt nicht widersprechen. Trekkman scheint aber bisher gut klargekommen zu sein, was ich auch für erwähnenswert halte, denn viele Dinge sind messbar unterschiedlich, ohne dass irgendein Mensch auch nur das Geringste davon wahrnehmen würde. Man muss also immer noch darauf achten, welche Relevanz Messunterschiede in der Praxis haben.
+1

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