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Recht auf Vergessenwerden: Wie weit gehen Googles Löschpflichten?

Was findet man, wenn man nach sich selbst oder anderen Menschen googelt? Im letzten Jahr urteilte der Europäische Gerichtshof, dass jeder EU-Bürger das Recht habe, von Google die Löschung bestimmter Suchergebnissen zu verlangen, wenn diese zwar wahre aber trotzdem unangenehme Tatsachen über dessen Leben enthalten. Voraussetzung für dieses Recht auf Vergessenwerden ist allerdings, dass die öffentlich zugängliche Abrufbarkeit der Information zum jeweiligen Zeitpunkt nicht mehr vom Informationsinteresse der Allgemeinheit gedeckt ist (siehe auch unseren Artikel vom Sommer letzten Jahres, wann ein Löschantrag bei Google Aussicht auf Erfolg hat ).


Seitdem hat Google zahlreiche Berichte über namentlich genannte Täter bei Kleindelikten und ähnlichem gelöscht, sofern sie diese Voraussetzung erfüllten. Nun kam es aber des Öfteren zu einem Widerstreit der Positionen: Denn viele Nachrichten-Artikel, die sich im Allgemeinen mit dem Recht auf Vergessenwerden beschäftigten, erwähnten als Fallbeispiele konkrete Berichte. Diese beinhalteten also auch genau die namentlichen Nennung, die ja das ursprüngliche Problem darstellten. Solche Nachrichtenartikel sind im Gegensatz zu den Ursprungsberichten aber noch in Google zu finden, da sie sich in erster Linie nicht mit dem konkreten Fall, sondern mit dem EuGH-Urteil - in jedem Fall ein öffentliches Interesse - befassen.

Nun hat der stellvertretende Datenschutzbeauftragte des Vereinigten Königreichs, David Smith, Google ultimativ aufgefordert, neun solche Nachrichtenartikel aus den Suchergebnissen herauszunehmen, was Google zuvor abgelehnt hatte. Das Ultimatum beträgt 35 Tage. Smith räumte ein, dass die Artikel journalistische Inhalte haben, die Nachrichtenwert und öffentliches Interesse beinhalten. Jedoch könne dieses öffentliche Interesse auch angemessen berücksichtigt werden, ohne dass die Artikel bei einer Google-Suche nach den Namen der betreffenden Personen erscheinen. Google hat bislang nicht öffentlich auf das Ultimatum reagiert. Kritiker sehen das Recht auf Vergessenwerden im Konflikt mit der Meinungs- und Pressefreiheit und dem Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu Informationen. Befürworter dagegen pochen auf das Persönlichkeitsrecht des Einzelnen.

Weiterführende Links:

Kommentare

sierkb21.08.15 17:23
Alle diese Fragestellungen gelten auch für Microsofts Bing, für Yahoo, für Baidu, für Yandex, für Meta-Suchmaschienn wie Duck-Duck-Go und auch die deutsche MetaGer und wie sie alle hierzulande und weltweit alle heißen – sprich: grundsätzlich für ALLE. Und nicht nur Google betreffend. Denn erreichbar im Internet sind sie ALLE, Benutzt werden tun sie ALLE, einen Index anlegen oder den von anderen nutzen und in den eigenen eispeisen tun sie auch ALLE. Und ist ein Inhalt im Index des einen Herstellers (hier im Fokus: Google) gelöscht, ist er nicht automatisch dann auch in dem leicht erreichbaren Index der Konkurrenz gelöscht und im Zweifel dort sofort auffindbar. Die Problematik und Fragestellung also allein an Google festzumachen, wird der Situation keineswegs gerecht und geht an einer echten Lösung meilenweit vorbei. Hier sind ALLE Anbieter gleichermaßen angesprochen, plus die Politik, plus die Gesetzgebung, plus die Gesellschaft, um GRUNDSÄTZLICH und für ALLE gleichermaßen bindend festzulegen, was erwünscht ist und was nicht und was für Fesseln sich eine Gesellschaft selber anlegen möchte (und die dann in Gesetze gegossen) und was für Fesseln nicht.
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dreyfus22.08.15 04:30
Es sind eigentlich 2 separate Probleme: 1. Die letztendlich bestehende Gesetzeslage ist konfus und inkonsequent und 2. Google stellt sich extrem bockig.

Für 1. kann Google nichts, praktisch alle Gesetzgeber überall hinken der Digitalisierung Jahrzehnte hinterher. Man kann auch "analog" jederzeit recherchieren, bspw. entsprechende ehrverletzende Artikel in den Archiven von Zeitschriften finden. Nur musste man dazu vormals persönlich in ein Archiv gehen und ggf. wochenlang irgendwelche Mikrofilme durchsuchen oder sogar die echten Druckausgaben von vorne bis hinten durchlesen. "Geschützt" waren diese Inhalte dort auch nicht und eine Löschpflicht gibt es auch nicht. Das Problem ist offenbar nicht das Vorhandensein einer Information, sondern die Bequemlichkeit des Zugangs dazu. Der zweite Faktor ist freilich, dass ein Suchmaschinenbetreiber per se keine Eignung besitzt, eine juristische Bewertung des Vorliegens von öffentlichem Interesse vorzunehmen; selbst hiesige Zeitungen tun sich damit des Öfteren schwer (oder tun zumindest so, wenn es ihnen in den Kram passt). Kurz, ohne klarere Gesetze wird das immer ein Würfelspiel sein.

2. muss sich Google allerdings ganz alleine an die Backe binden. SIe sind nun einmal der Monopolist und ca. 90% der Menschen im EU Raum suchen erst gar nicht an anderer Stelle. Wenn der Gesetzgeber Auflagen macht, dann sind diese umzusetzen. (Sollten die bedenklich sein, kann man ja durchaus parallel dazu dagegen klagen, nur sich die Gesetze aussuchen, die man einhält, kann man eben nicht.)
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sierkb22.08.15 14:10
dreyfus
2. muss sich Google allerdings ganz alleine an die Backe binden.

Ja? Warum?
dreyfus
Sie sind nun einmal der Monopolist

Allein schon der Erfolg und die Verbreitung von Bing spricht dagegen. Von nationalen Suchmaschinen, die da teilweise die Vorherrschaft haben (in China: Baidu, in Russland: Yandex) und wo Google fast nix zu melden hat in der Gunst der Nutzer, mal ganz zu schweigen.
dreyfus
und ca. 90% der Menschen im EU Raum suchen erst gar nicht an anderer Stelle.

Was hat das mit dem vorliegenden Problem und einer eineindeutigen Gesetzeslage zu tun, die für alle gleichermaßen gilt?
Zumal sich Suchverhalten über Nacht ändern kann, z.B. wenn der Konkurrent mir etwas bietet, das ich dort eher und besser bekommen kann als bei Google. Das kann dann durchaus sehr fix gehen, so eine Verschiebung und Wechselbewegung.
dreyfus
Wenn der Gesetzgeber Auflagen macht, dann sind diese umzusetzen.

Wenn. Tut er aber ja leider nicht. Genau das ist es ja! Es GIBT derzeit leider KEINE eindeutigen gesetzlichen Auflagen.
dreyfus
(Sollten die bedenklich sein, kann man ja durchaus parallel dazu dagegen klagen, nur sich die Gesetze aussuchen, die man einhält, kann man eben nicht.)

Es gibt derzeit dazu leider NICHTS. Google hätte da schon seit längerem gerne etwas in der Hand, das ihnen vom Gesetzgeber her EINDEUTIGE Handlungsanweisungen an die Hand gibt. Und zwar NICHT, weil sie Google sind, sondern weil es für ALLE gilt, weil es eben ein für ALLE bindendes Gesetz ist, an das sich ALLE zu halten haben und nicht nur Google.

Zumal auch nicht geklärt ist, wer da die Kosten zu tragen hat, denn es kann nicht im Sinne des Erfinders sein, wenn nur einer löscht und die Kosten und die Mühen hat, und alle anderen Marktteilnehmer, die da auch angesprochen sind, nicht, und über deren Such-Indizes ist das dort munter weiter alles auffindbar. Google soll also allein immense Kosten und Mühen aufwenden für etwas, wo es bisher leider keine echte, verlässliche gesetzliche Grundlage gibt, und alle anderen Suchmaschinen-Anbieter müssen das nicht tun, die können däumchendrehend und feixend danebenstehen und sich das alels sparen, und in ihren Indices sind dann diese zu löschenden Dinge munter weiterhin vorhanden und können weltweit vom Nutzer abgerufen werden?
Und wem ist damit dann gedient im Sinne der Sache, im Sinne der Löschung?
Geht's hier nicht um die Sache, die Löschung, geht's hier also nicht um's für alle bindende Prinzip?

Zumal sich Gewohnheiten der Nutzer ganz schnell ändern können, über Nacht quasi, und wenn ich etwas nicht finde bei Google, es aber unbedingt finden will, dann suche und finde ich es eben im Zweifel über Bing oder Yahoo oder DDG oder whatever.
Wenn etwas gelöscht werden soll, dann MUSS es zwingend bei ALLEN gelöscht werden und das sichergestellt sein, sonst kannste Dir das Ganze auch schenken, sonst ist das Ganze im Grunde für die Katz'.
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sierkb22.08.15 15:16
SearchSecurity.de: Recht auf Vergessen: Nicht nur Google und Bing sind betroffen


FAZ (10.07.2014): Frühere Justizministerin Google beruft Leutheusser-Schnarrenberger in „Lösch-Beirat“
Wie soll Google mit besonders schwierigen Löschanträgen umgehen? Für diese Frage hat der Internetkonzern einen Beirat ins Leben gerufen, in den nun die frühere deutsche Justizministerin einzieht.

The Guardian (25.07.2014): Right to be forgotten: Wikipedia chief enters internet censorship row
Jimmy Wales says Google should not be 'censoring history' after web search company reveals it has approved half of requests

N24: Lösch-Debatte bei Google: Wikipedia-Gründer Jimmy Wales sieht Meinungsfreiheit in Gefahr
Wikipedia-Gründer Jimmy Wales hat eindringlich davor gewarnt, die Büchse der Pandora zu öffnen. Suchmaschinen-Einträge dürften nicht gelöscht werden, sonst sei die Meinungsfreiheit in Gefahr.




Google: Google Experten-Beirat (in dem nicht nur Frau Leutheusser-Schnarrenberger sitzt, sondern u.a. auch Wikipedia-Gründer Jimmy Wales)

Haben die anderen Suchmaschinen-Anbieter das auch, so einen Experten-Beirat? Weltweit? Wie gehen die damit um und verzahnen sich in die Gesellschaft hinein, um den Ansprüchen genüge zu tun?

heise: Recht auf Vergessen: Microsoft zieht mit Bing nach
Nachdem der Europäische Gerichtshof entschied, dass Suchmaschinen verpflichtet werden können, sensible persönliche Daten zu löschen, arbeitet auch Microsoft an einem Verfahren, wie Nutzer sich an das Unternehmen wenden können.
Wie das Verfahren aussehen soll, steht derzeit nicht fest. Laut Microsoft "wird es einige Zeit in Anspruch nehmen, ein geeignetes System zu entwickeln. Weitere Informationen über die Möglichkeit entsprechender Löschanträge zu stellen, werden wir bald zur Verfügung stellen".

SPON: Formular für Bing-Löschanträge: Jetzt kann auch Microsofts Suchmaschine vergessen
Nach Google hat jetzt auch Microsoft eine Möglichkeit eingeführt, unliebsame Links aus seiner Suchmaschine Bing entfernen zu lassen. Doch wer sein "Recht, vergessen zu werden" durchsetzen will, muss sich zuerst durch ein Antragsformular arbeiten.



MTN
Nun hat der stellvertretende Datenschutzbeauftragte des Vereinigten Königreichs, David Smith, Google ultimativ aufgefordert, neun solche Nachrichtenartikel aus den Suchergebnissen herauszunehmen, was Google zuvor abgelehnt hatte. Das Ultimatum beträgt 35 Tage. Smith räumte ein, dass die Artikel journalistische Inhalte haben, die Nachrichtenwert und öffentliches Interesse beinhalten. Jedoch könne dieses öffentliche Interesse auch angemessen berücksichtigt werden, ohne dass die Artikel bei einer Google-Suche nach den Namen der betreffenden Personen erscheinen. Google hat bislang nicht öffentlich auf das Ultimatum reagiert. Kritiker sehen das Recht auf Vergessenwerden im Konflikt mit der Meinungs- und Pressefreiheit und dem Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu Informationen. Befürworter dagegen pochen auf das Persönlichkeitsrecht des Einzelnen.


In diesen Zusammenhang, wie schwierig die Abwägung im Zweifel sein kann oder ist und dass hier ggf. die Grundlagen gelegt werden für Gefährliches und für Missbrauch ganz anderer Sorte, vielleicht auch mal das:

ZEIT Online: Netzpolitik.org: Die deutsche Pressefreiheit ist ein Fall für die UN
Ob Netzpolitik-Affäre, Heckler & Koch oder Vorratsdatenspeicherung: Wie die Bundesregierung mit Journalisten umgeht, zeugt von einem gefährlichen politischen Klima.
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pünktchen
pünktchen23.08.15 18:43
"Kritiker sehen das Recht auf Vergessenwerden im Konflikt mit der Meinungs- und Pressefreiheit und dem Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu Informationen."

So ist es. Google (und die anderen Suchmaschinenbetreiber) werden zu privaten Zensoren gemacht. Wer zensiert wird, erfährt weder wieso noch kann er sich irgendwie dagegen zur Wehr setzen. Wahrhaft kafkaeske Verhältnisse. Und es ist nicht gerade wenig, was da im Netz unsichtbar gemacht wird.
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sierkb23.08.15 21:24
pünktchen:

+1

Siehe auch:
FAZ, 10.07.2014, Google beruft Leutheusser-Schnarrenberger in „Lösch-Beirat“
[…]
Google sehe das Urteil des Europäischen Gerichtshof „zum Recht auf Vergessen“ sehr kritisch. Gleichzeitig respektiere das Unternehmen natürlich die Vorgaben des Gerichts und bemühe sich nach Kräften um eine schnelle und verantwortungsbewusste Umsetzung. „Das ist angesichts von über 70.000 seit Mai eingegangenen Löschanträgen mit mehr als 250.000 betroffenen Websites eine riesige Aufgabe. Unser Team überprüft jeden einzelnen Antrag individuell, meistens mit begrenzten Informationen und fast ohne Kontext“, erläutert Drummond.

Die bisher bei Google eingegangen Anträge belegten die schwierige Werteabwägung, die Suchmaschinen und die europäische Gesellschaft zu treffen hätten. „Da gibt es ehemalige Politiker, die die Entfernung von Einträgen verlangen, die ihre Politik während ihrer Amtszeit kritisieren; Schwerstkriminelle verlangen die Löschung von Artikeln über ihre Verbrechen; das Löschen schlechter Beurteilungen von Architekten und Lehrern wird verlangt oder auch von Kommentaren, die Personen über sich selbst verfasst haben (und nun bereuen). In jedem dieser Fälle möchte jemand, dass die Informationen unterdrückt werden, während andere möglicherweise vorbringen, dass sie (weiterhin) auffindbar sein sollten“.
Quelle:
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